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(2), Johann Friedrich Reichhardt (19), Johann Abraham Schultz (über 40), Carl
Friedrich Zelter (6), Carl Maria von Weber (2). Eine Tafel informiert über „herbe
Nachwehn herber Kriegsnot“. Ein Ende nahm die Preußenbegeisterung, als preußi-
sche Truppen auch Mecklenburg-Schwerin besetzten, Vossens Vater mit Bürgermei-
ster und Apotheker 1759 länger als ein Jahr zum Festungsbau nach Stettin geführt
wurde, weil die Kommune die hohen Kriegssteuern nicht zahlen konnte.
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Wir prä-
sentieren in Faksimile den Brief, den Vater Voß (1714-1778) aus Stettin an J. H. Voß
in Penzlin schrieb.
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Krieg und Missernten führten die Familie des damals Achtjäh-
rigen in eine Notlage. Das elterliche Haus musste verkauft werden, die obere Etage
des Hauses bewohnten die Eltern ab 1770 als Mieter. Hochbegabt konnte Voß, nach
dem Besuch der Penzliner Stadtschule 15-jährig, die Lateinschule in Neubranden-
burg besuchen. Dort musste der Schulbesuch durch Freitische abgesichert werden.
Dann geriet der Bildungsgang ins Stocken. Für die Aufnahme eines Universitätsstu-
diums fehlte das Geld. Der Neunzehnjährige musste sich als Hauslehrer auf dem be-
nachbarten Gut in Ankershagen durchhelfen. Im „Mangeljahr“ (1770) beklagt Voß
die Not der Landbevölkerung während der Hungerkatastrophe der Jahre 1770/71.
Das Gedicht kritisiert landadligen Kornwucher in dieser Notzeit, ein Thema, das
Voß im „Junker Kord“ noch einmal aufnimmt.
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Kabinett 2: Plafond Wandcollage Ankershagen
Das Plafond abstrahiert eine Situation, die mit dieser Raumaussage korrespon-
diert: „Mecklenburg ist ein schnödes verächtliches Land, ohne Gefühl von Adel,
als dem, den man erbt.“
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Das in diesen und anderen Äußerungen bemerkbare
generelle Präsens zeigt: Voß ging es nie um Einzelverhältnisse. Er dachte und
schrieb grundsätzlich. Er relativiert solche Aussagen nicht durch Hinweise auf ört-
liche Ausnahmen, gleichwohl der Voß-Familie auch Unterstützendes widerfuhr.
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1756 ließ Friedrich II. Sachsen besetzen, er wollte Böhmen einnehmen. Mecklenburg stellte sich
im Reichstag von Regensburg an die Seite von Österreich. Preußische Truppen drangen 1757 nach
Mecklenburg ein, um den Schweden das Land als Operationsbasis streitig zu machen. Mecklenburg
erhielt Lasten auferlegt. Es musste 15 Mill. Taler Kontributionen zahlen.
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Johann Heinrich Voß – Briefverzeichnis. Voßgesellschaft. Nr. 1759. 07. 21.
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O tröste du mit Balsam des Gesanges/ Den armen Vater und der Witwe Leid,/ Wenn ach! um Brot
mit bleichem Mund ein banges/Gewühl von Kindern schreit./ Doch Donnertöne schütt auf den
Verhaßten,/ Der vieler Dörfer Leben eingemaurt,/ Und, nimmer satt, bei goldgefüllten Kasten,/Auf
höhern Wucher laurt./ Zerschmettere der Speicher Schloß und Riegel,/ Zwäng hervor des Labsals
Überfluß:/ wie aus zerblitztem Fels dem starren Hügel/ entströmt der Quell Erguß. J.H. Voß: Das
Mängeljahr. An Brückner. In: Werke in einem Band, hg. von Hedwig Voegt, Berlin und Weimar
1966, S. S. 175.
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Voß am 19. April 1779 an Ernst Theodor Brückner, zit. nach Wilhelm Herbst, S.57.
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Siehe hierzu Siegfried Heuer: Johann Heinrich Voß und seine mecklenburgische Heimat, In: An-
drea Rudolph (Hg.): Johann Heinrich Voß. Kulturräume, S. 47-68: S. 48f.