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Und es gibt noch eine zweite Li-

nie, verwoben mit der ersten, die

wir sichtbar halten wollen. Eine

Spannung zwischen determinie-

renden Zwängen und Freiheits-

begehren präsentieren alle sieben

Kabinette. Das 18. Jh. hatte den

Epochenumbruch, der sich auch

in Deutschland bereits vor dem

Ausbruch der Französischen Re-

volution angekündigt und auch

dort Vorboten, Wirkungen und

Nachwirkungen hatte, in der Metapher des Erdbebens gespiegelt. Betrachtet man

ein Erdbeben von oben, lässt sich eine aufgebrochene oder gebrochene Linie er-

kennen, diese entsteht durch tektonische Verschiebung von Erdplatten. (Abb. 2).

Ist eine solche in den Kabinetten 1-4 gleichsam unterirdisch vorgezeichnet, bricht

diese im Kabinett 5 „Revolution und Humanismus“ im Fußboden offen zutage.

Das unterstützt auch baupragmatisch, da wegen einer vorhandenen Kulturschicht

Höhendifferenzen auszugleichen sind. Auf seinem Weg, der ihn vom Boden der

heimischen Welt in die Welt der Antike führte, hinterließ Voß gleichsam eine sol-

che Spur. Sie gehört als Grundhaltung zu ihm, und sie ordnet sich in die Epoche

insgesamt ein. Es ging Voß immer darum, durch Denkkonventionen und Privile-

gien gesetzte Limits aufzubrechen, sie zu verschieben – und dies bereits bevor

die Französische Revolution Europa überzog und das tektonische Beben in jeden

Winkel trug.

Innerhalb der Ausstellungserzählung bilden wir sieben Schwerpunkte: Kabinett

1: Zeitgenossen über Voß; Kabinett 2: Hier bin ich zu Hause. Voß in Penzlin,

Neubrandenburg und Ankershagen; Kabinett 3: Auf gegenwärtigem heimischen

Boden. Gedichtete Sozialkritik; Kabinett 4: Auf idealisiertem heimischen Boden.

Bürgerliche Pfarrhausidylle; Kabinett 5: Revolution und Humanismus; Kabinett

6: Auf idealisiertem antikem Boden. Homers „Odyssee“; Kabinett 7: Auf ideali-

siertem antikem Boden: Homers „Ilias“ Innenhof: Auf idealisiertem antiken Bo-

den: Mit Kalliope als Empfangsfigur vor archaisch ästhetisiertem Mauerwerk und

dem Schild des Achilleus in neuhumanistischer Ausführung.

Kabinett 1: Zeitgenossen über Voß. Zitatengalerie

An den Wänden umlaufend finden sich verbale Voß-Bilder von Zeitgenossen

(Karl August Böttiger, Heinrich Heine, Goethe, Matthias Claudius, Joseph von

Abb. 2 – Darstellung eines Erdbebens