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Er bemerkt weiter, dass er an Ausgrabungen selbst keinen Anteil hat und fühlt sich

als „Garbenbinder“ hinter den „Schnittern“.

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Es ist hier weder angebracht, noch fehlt der Raum, ausführlich über das Werk zu

berichten oder einen genauen Vergleich beider Auflagen durchzuführen. Dazu sei

nur gesagt, dass die Neuauflage rund 40 Seiten mehr umfasst und Kapitel teilwei-

se neue Überschriften erhielten. Meine Absicht soll es sein, auf bemerkenswerte

Formulierungen hinzuweisen und bei diesem oder jenem die Lust zu wecken, das

Buch wieder bzw. überhaupt einmal in die Hand zu nehmen, da es mir für jeden,

der sich mit Archäologie und Archäologen im 19. Jahrhundert beschäftigt, unent-

behrlich zu sein scheint.

Bereits im ersten Kapitel („Unsere Kenntnis antiker Kunstwerke bis zum Schlusse

des achtzehnten Jahrhunderts“, S. 1-12)

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setzt der Autor mit seiner Bemerkung,

dass die Archäologie zu den „Eroberungswissenschaften“ des 19. Jahrhunderts

gehört, ein Ausrufezeichen. Von dem militärisch angehauchtem Begriff einmal

abgesehen, wer könnte es leugnen, dass in jenem Jahrhundert und nach der Grün-

dung eines unabhängigen griechischen Staats, die Kenntnisse besonders über das

klassische Altertum und dessen Vorzeit geradezu explodierten (um einmal im Bil-

de zu bleiben)? Vieles war neu, vieles bedurfte eines Lernprozesses. Zwar hat-

te schon ein Jahrhundert zuvor Johann Joachim Winckelmann (1717-1768) die

Grundlagen für die Beurteilung der griechischen Kunst gelegt, doch kannte er

deren Werke meist nur aus römischen Kopien. Bedeutende Funde, Entdeckungen

und Sammlungen, die vor dem 19. Jahrhundert gemacht wurden bzw. entstanden

sind, werden aufgezählt

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und im zweiten Kapitel („Die napoleonische Zeit“, S.

13-24) auch auf den Stein von Rosette hingewiesen, der so wichtig bei der Entzif-

ferung der ägyptischen Hieroglyphen war.

Durch „die Wiedergewinnung Griechenlands“, so die Überschrift zum dritten

Kapitel (S. 25-51), wurden Winckelmanns Ansichten überprüf- und korrigierbar.

Zweifellos interessant ist die Beurteilung von Adolf Michaelis – und wohl nur aus

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Michaelis 1906, S. V: „Die Blätter zu veröffentlichen haben mich teils mannigfache Wünsche aus

dem Kreise der Zuhörer, teils der auffallend Umstand veranlaßt, daß der anziehende Gegenstand

noch keine zusammenfassende Schilderung gefunden hat. In diese Lücke einzutreten schien mir die

Aufgabe eines Archäologen zu sein, der an den Ausgrabungen keinen eigenen Anteil hat nehmen

können, aber seit einem halben Jahrhundert diese Unternehmungen aus der Ferne gefolgt ist und

auch darüber hinaus noch einige unmittelbare Kunde hat gewinnen können. Hinter den Schnittern

muß auch der Garbenbinder seines bescheidenen Amtes walten.“

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Die Kapitelüberschriften und Seitenangaben beziehen sich auf die erste Auflage des Buches: Mi-

chaelis 1906.

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Sammlungen römischer Päpste und Kardinäle (Ludovisi u. a.), Entdeckungen in Herculaneum,

Pompeji oder in Sizilien.