Background Image
Previous Page  361 / 500 Next Page
Information
Show Menu
Previous Page 361 / 500 Next Page
Page Background

361

Spatenforscher wiederum amüsierten

sich, und sie tun es auch heute noch,

über jene Philologen, denen die Ortho-

graphie eines Wortes wichtiger ist, als

der Inhalt des gesamten Textes. Wohl-

tuend anders blickte Otto Jahn auf diese

beiden Bereiche der Altertumswissen-

schaft. Anlässlich seiner Berufung nach

Bonn schrieb er in einem Brief vom 23.

November 1854: „Eine besondere stille

Freude war es mir, daß ich nicht als Ar-

chäolog, sondern als Philolog und Ar-

chäolog berufen bin, weil ich überzeugt

bin und immer mit großen Eifer gelehrt

habe, daß es keine Soloarchäologie

giebt, und wer sich ausschließlich mit

der alten Kunst beschäftigt, zum Dilet-

tantismus herunterkommen wird.“

4

Die-

se Aussage schließt m. E. auch ein, dass

es ebenso auch keine „Solophilologie“

in der Erforschung des Altertums gibt. Beide Zweige der Altertumswissenschaft

und ihre jeweiligen Quellengattungen sollten sich stets ergänzen.

Wenden wir uns nach diesem kleinen Exkurs wieder dem Leben von Adolf Mi-

chaelis zu. 1853 begann er ein Studium der Klassischen Philologie und Archäo-

logie in Leipzig. Sein Onkel Otto Jahn und Johannes Overbeck (1826-1895)

waren hier seine Lehrer. Für das Werk seines Onkels „Beschreibung der Vasen-

sammlung König Ludwigs in der Pinakothek zu München“

5

erstellte der junge

Student das Register und bekam dadurch wohl Geschmack an Sammlungen in

Museen, Instituten und in privater Hand. Ein Jahr später ging er nach Berlin,

wo er Vorlesungen bei Eduard Gerhard (1795-1867), August Boeck (1785-1867)

und Ernst Curtius (1814-1896) hörte. Von 1855 bis 1857 studierte er bei Peter

Wilhelm Forchhammer (1801-1894) und promovierte anschließend über Horaz.

6

Seit dem Herbst 1857 sehen wir den 22-jährigen für etwa drei Jahre als Hausleh-

rer des Bremer Bildhauers Carl Steinhäuser in Rom, wo der junge Mann nicht

versäumte, Kontakte zu den Gelehrten des Deutschen Archäologischen Instituts

(DAI) aufzunehmen. Zusammen mit dem vier Jahre älteren Alexander Conze

4

Brief an Johannes Schulze (1786-1869), in: Petersen 1913, S. 93 (Brief Nr. 26). Zum Briefwech-

sel zwischen Mommsen und Jahn s. Wickert 1962 und Rink/Witte 1983.

5

Jahn 1854, S. 373-389 (Register der Abbildungen, Inschriften und Gegenstände).

6

Michaelis 1857.

Abb. 3 – Otto Jahn