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lichen Folgerungen und eigenmächtigen Hypothesen auf wissenschaftlichem Ge-

biete mit der richtigen Correctur entgegen.“

66

Schliemanns bei Brockhaus verlegtes Buch über Mykene

67

war Benndorf zum

Zeitpunkt des Vortrages bereits bekannt gewesen. Was Benndorf an diesem zu

tadeln hatte, war ein „Mangel an Ordnung und Klarheit“, doch hielt er es für „viel

besser […] als jenes über Troja“.

68

Und „wenn es der opfermuthige Mann auch

hie und da an der sorgfältigen Aufnahme des Thatbestandes hatte fehlen lassen,

so müsse man ihn doch in Schutz nehmen gegen viele Nachreden, so habe er sich

niemals einer bewußten Entstellung des Thatbestandes schuldig gemacht und mit

richtigem Instinct an dem richtigen Platze den Spaten angesetzt; es wäre ungerecht

und undankbar, wenn man dies nicht betonen würde.“

69

„Schliemann’s Funde sei-

en höchst werthvoll für die Erforschung der prähistorischen Cultur Griechenlands,

und ihre Bedeutung reiche vielleicht weiter, als der Finder selbst ahnt.“

70

Der Vortrag Benndorfs mündete in ein vorläufiges wissenschaftliches Urteil über

die Funde. Demnach stand für Benndorf außer Zweifel, dass die in den Gräbern

Bestatteten einer königlichen Dynastie angehörten, jener Teil der Akropolis, wo

man die Gräber fand, aber gewiss keine Agora gewesen sei, wie Schliemann mein-

te. Die Zeitstellung der Gräber und der Grabfunde reiche jedenfalls weit über die

„Zeit der Homeriden“ zurück, sie seien älter als 1000 v. Chr. und überdies älter

als die Schatzhäuser und das Löwentor. Entschieden wandte sich Benndorf gegen

die – wie es in einem Bericht heißt – „von Schliemann mit absoluter Sicherheit

aufgestellte und von Gladstone [sc. in der Vorrede der Publikation

71

] mit gefähr-

lichem Optimismus unterstützte Hypothese, daß in den Gräbern die Leichen des

Agamemnon und seiner nach der Rückkehr von Troja mit ihm ermordeten Gefähr-

ten bestattet worden seien“. Dies sei „eine ganz willkürliche Deutung der betref-

fenden Stelle des Pausanias.“

72

66

Local-Anzeiger 60/1878, S. 9.

67

Schliemann 1878.

68

Local-Anzeiger 60/1878, S. 9.

69

NFP 4853/1878. Vgl. Local-Anzeiger 60/1878, S. 9: „Schliemann’s Verfahren bei den

Ausgrabungen und bei der Aufnahme der Funde tadelte Professor Benndorf als sehr mangelhaft

und ungenügend, indem dabei auch viel verloren gegangen und zerstört worden sei, aber er nahm

ihn auch in Schutz gegen ungerechte Unterstellungen und versicherte, daß derselbe gewiß keine

bewußte und absichtliche Entstellung der Thatsachen sich zu Schulden kommen ließ.“

70

MÖMKI 153/1878.

71

Schliemann 1878, S. XLIV–XLVIII. Vgl. Schliemann 1878, S. 114 („In der That zögere ich keinen

Augenblick zu verkünden, dass ich hier die Gräber gefunden habe, welche·Pausanias, der Tradition

folgend, dem Atreus, dem Könige der Männer Agamemnon, seinem Wagenlenker Eurymedon, der

Cassandra und ihren Gefährten zuschreibt.“) sowie S. 381–397.

72

Local-Anzeiger 60/1878, S. 10. Vgl. Paus. 2,16,6 und den Kommentar von Frazer 1913, S. 103–

118 (S. 108 zu den Masken).