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den angesehenen Wiener Akademieschriften veröffentlicht wurden, dürfte Schlie-

mann große Genugtuung bereitet haben.

Benndorf war natürlich auch weiterhin an Schliemanns Forschungen interessiert,

setzte sich mit seinen Schriften auseinander und besprach Schliemanns Bericht über

die Ausgrabungen im böotischen Orchomenos

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und seine Reise in der Troas

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, bei-

de aus 1881, in der Deutschen Literaturzeitung 1882.

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Darin lobte Benndorf die

„pünktlichste Berichterstattung“, durch welche Schliemann nicht versäume, „die öf-

fentliche Teilnahme und Dankbarkeit zu erhalten.“ Hauptergebnis der einen Unter-

nehmung sei „die Freilegung des Schatzhauses des Minyas“ gewesen, in der Anlage

„wie das sogenannte Schatzhaus des Atreus in Mykenai“. Die summarische Aufzäh-

lung der „zeitlich und gegenständlich höchst disparaten Trümmerfunde im Innern

des Kuppelbaues“ bliebe aber rätselhaft. Sicher sei nur, „dass eine Oeffnung und

Widerbenutzung [sic!] des Baues im späterenAltertume stattgefunden haben muss.“

Voll des Lobes war Benndorf über die genaue Bauaufnahme der Architekten Wil-

helm Dörpfeld, Richard Borrmann und Friedrich Gräber und wünschte, Schliemann

möge „auch in Zukunft eine so ausgezeichnete technische Unterstützung finden und

den wissenschaftlichen Wert seiner Funde in vielseitiger gemeinsamer Beobach-

tung, auch von Seiten geschulter Epigraphiker und Archäologen, zur unausbleibli-

chen eigenen Genugtuung steigern.“ Benndorfs Urteil über das zweite besprochene

Werk fiel weit weniger günstig aus. Er bedauerte, dass den Beobachtungen Schlie-

manns „vielfach die Grundlage der bisherigen wissenschaftlichen Landeskenntnis

fehlt. Manches Bekannte, das man gern weiter geprüft sähe, ist unbeachtet geblie-

ben und vieles scheinbar neu Mitgeteilte ist bereits bekannt, und oftmals richtiger

bekannt. Dahin gehören u. a. die beiden lateinischen Inschriften auf S. 10 und 62,

welche mit ihrer Litteratur in Mommsens C. I. L. III n. 381 und 395 stehen.“ Man

ist versucht fortzusetzen, dass derartige Fehler durch Hinzuziehung von erfahrenen

Archäologen und Epigraphikern zu vermeiden gewesen wären.

Die öffentliche wissenschaftliche Ehrung für den am 26. Dezember 1890 in Nea-

pel verstorbenen Heinrich Schliemann, den „Vater der mykenischenArchäologie“,

wie ihn Michael Ventris und John Chadwick später bezeichneten

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, nahm Benndorf

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Schliemann 1881b.

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Schliemann 1881c.

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Benndorf 1882; danach die folgenden Zitate.

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Die Entzifferer der Linear-B-Schrift widmeten ihr grundlegendes Werk Heinrich Schliemann, dem

„Father of Mycenaean Archaeology“, s. Ventris – Chadwick 1956, S. V; dazu und zu weiteren Be-

zeichnungen Schliemanns („Wegbereiter einer neuen Wissenschaft“, „father of field archaeology“,

„Pionier der kontextuellen Archäologie“ usw.) s. Herrmann 1974, S. 7. 31; Kreißing 1985, S. 34;

Korres 1990, S. 39; Sichtermann 1996, S. 248–251; Niemeyer 1997, S. 87; Zintzen 1998, S. 298

mit Anm. 140.