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obwohl er beim Zusammentragen der Objekte die Hilfe so zahlreicher Kollegen
in Anspruch nahm.
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Lediglich auf eine Korrespondenz möchte ich noch kurz eingehen, nämlich auf
jene mit Wilhelm Gurlitt, seit Juli 1877 außerordentlicher Professor der klas-
sischen Archäologie und der realen Fächer der klassischen Philologie in Graz.
Gurlitt war von Conze über Benndorfs Forschungsvorhaben in Kenntnis gesetzt
worden und wies ihn auf Masken aus Cumae in Zürich hin
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, nicht wissend, dass
sich Benndorf wegen dieser schon einige Wochen zuvor an Carl Dilthey gewandt
hatte. Dieser hatte daraufhin Hugo Blümner gebeten, Benndorf Photographien und
genauere Auskünfte über jene zwei weiblichen Masken aus einem Grab in Cumae
zukommen zu lassen, die Dilthey 1876 vom Kunsthändler Barone in Neapel für
die Sammlung der antiquarischen Gesellschaft in Zürich erworben hatte.
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Anlass für ein weiteres Schreiben Gurlitts an Benndorf waren dann Schliemanns
Funde in Mykene, zu denen sich Gurlitt im Jänner 1878 folgendermaßen äußerte:
„Nach den Funden Schliemann’s in Mykenai bedarf die Aufstellung Conzes’s über
den ältesten Vasenstil
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, wie mir scheint, eine Revision: doch ist mir noch nicht
recht klar, wohin man mit den Thongefäßen mit dem wirren Geschlinge – Pflan-
zenmotive – soll. Aus dem Brit[ish] mus[eum] hatte ich mir schon ähnliche aus
Rhodos angemerkt.
Eine Notiz über einen Vortrag U[lrich] Köhler’s über die Schliemanniana
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geht
durch die Zeitungen, nach welchen er auf karischen Ursprung hingedeutet hat. So-
viel scheint mir jedenfalls richtig, daß die orientalischen Einflüsse, welche in Myke-
nai hervortreten, nicht über Phönicien, sondern über Kleinasien gekommen sind.“
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Nicht alle konnten freilich mit Informationen dienen, vgl. z. B. den Brief des in Millstatt zur Som-
merfrische weilenden Leiters des Münz- und Antikenkabinetts am Joanneum in Graz, Friedrich
Pichler, an Otto Benndorf, 26. Juli 1877 (Privatarchiv): „Auch wenn ich gerade soviel Bibliotheken
bei mir hätte als Wellen und Berge, so müßt’ ich doch aufrichtig sagen: weder in irgend einem Mu-
seum Tirols, Kärntens, Krains, Steiermarks habe ich von antiken Gesichtsmasken etwas gesehen
noch gelesen, noch ist mir überhaupt von und nach den schliemannschen Berichten darüber etwas
Zusammenhängendes geläufig gewesen.“
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Brief Wilhelm Gurlitts aus Graz an Otto Benndorf, 5. November 1877 (ÖNB, HAD: Autogr. 643/1-
6). Vgl. Benndorf 1878a, S. 47f.
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Vgl. zwei Briefe und eine Postkarte von Hugo Blümner aus Hottingen bei Zürich an Otto Benndorf
vom 22. Oktober, 1. November und 30. Dezember 1877 (Privatarchiv). Zum gesamten Grabfund, dem
auch ein Schädel angehörte, s. Benndorf 1878a, S. 47f. Nr. 37 Abb. 5 Taf. XIII, 2a.b; von Salis 1957.
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Gemeint ist damit Conze 1870.
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Köhler hatte am 13. Dezember 1877 einen Vortrag „Ueber die Zeit und den Ursprung der
Grabanlagen in Mykene und Spata“ gehalten und danach gedruckt vorgelegt, s. Köhler 1878.
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Brief Wilhelm Gurlitts aus Graz an Otto Benndorf, 21. Jänner 1878 (ÖNB, HAD: Autogr. 643/1-8).