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te empfohlene Erzieherin unseren Anforderungen entspricht nämlich gründliche
Kennt[...] Weltgeschichte Fertigkeit französischer englischer Sprache Erziehung
Musik. Schliemann“,
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und wohl schon einen Tag später wird es ganz konkret:
„[
...
]
Engagiere Empfohlene fest bitte allerschleunigst bereitmachen Donnerstag
siebenzehnten September Hotel Imperial Wien mit uns zusammentreffen sofort
gemeinschaftlich Athen reisen. Telegraphirt Einverständniß Adresse Brockhaus
Leipzig. Schliemann
.
“
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Irritierend ist, dass da über eine junge Frau verhandelt
wird, die anonym bleibt und selbst nicht zu Wort kommt. In den nächsten Briefen
von Schliemann an Mähly erfahren wir zwar mehr über die nun Engagierte, jedoch
nur unter ihrem homerischen Namen Kalypso; erst ein paar Monate später wird sie
mit richtigem Namen, Cécile Horner, genannt.
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Die Tatsache, dass wir aus anderen Quellen einiges über sie wissen, rechtfertigt es,
etwas näher auf sie einzugehen (s. Anhang).
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Im Brief vom 27. September 1884 an Mähly äußert sich Schliemann positiv über
die neue Erzieherin.
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Zwei Monate später, im Dezember 1884, spricht er noch-
mals von ihr und wagt sogar einen ikonographischen Vergleich: „Mit Recht sa-
gen Sie, dass sie nicht umfassend gebildet sei, aber sie hat andere Tugenden, die
den früheren Erzieherinnen bei all ihrer Bildung fehlten, [nämlich] das ihre Rede
begleitende liebenswerte und angenehme Wesen, auf deutsch Gemüthlichkeit ge-
nannt, das ich weit höher schätze als alle Vielwisserei.“ Ihre beiden Vorgängerin-
nen hätten Andromache ständig getadelt, um sie zu erziehen; „nun aber gibt es
keinen Anlass weder für Streit noch für Schläge noch für Tränen, und Sie können
mir glauben, dass aus Kalypsos immer andauernder Liebenswürdigkeit Androma-
che sehr viel Nutzen ziehen wird. – Beachtenswert ist, wie sehr ihr Gesicht dem
auf Münzen abgebildeten Gesicht der Kleopatra gleicht [...]“.
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Unklar ist, wie
lange Cécile Horner bei Schliemanns geblieben ist; jedenfalls brachte sie von zwei
Aufenthalten in Athen, 1885 und 1887, kleine archäologische Fundstücke nach
Basel zurück, die ihr Schliemann geschenkt hatte (vgl. Anhang).
52
BBB 40, 243.
53
BBB 40, 245. Möglicherweise ist ein bestätigendes Telegramm Mählys nicht erhalten.
54
Mähly an Schliemann, Brief vom 29. Januar 1885 (B 96, 73): „[...] Mit den herzlichsten Grüßen an
Sie, Ihre liebe Gemahlin & Ihre
[dt. Hauslehrerin, Kalypso
genannt], vulgo Cécile Horner [...]“.
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Ausführlicher (und hier zum Teil übernommen): Kaufmann-Heinimann 2014, 218–224.
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BBB 39, 281–282.
57
Schliemanns Bewunderung für Kleopatra VII. ist bekannt; hier sei nur an die Kontroverse um den
Kleopatrakopf aus Alexandria erinnert sowie an seinen Plan, ihren Palast auszugraben (vgl. Traill
1995, 267–273). Im Übrigen ist der Vergleich nicht ganz von der Hand zu weisen; vgl. etwa Weill
Goudchaux 2006, bes. Abb. 91 und 93. – Zur Dauer von C. Horners Tätigkeit in Athen s. Anhang.