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Gleichzeitig wandte sich Schliemann mit seinem Anliegen an Lieb-Burckhardts
Schwiegersohn, Paul Meyer-Lieb,
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sowie an Jakob Mähly, den er wenige Tage
zuvor in Basel kennengelernt hatte.
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Schließlich erhielt Schliemann Beschrei-
bungen von drei gut qualifizierten Kandidatinnen (eine von Schuppli angefragte
Lehrerin hatte abgesagt): Frau Sophie Meyer-Lieb schlug Emilie Perneaux
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aus
Basel vor, Jakob Mähly eine junge, nicht namentlich genannte Frau aus seinem
Bekanntenkreis
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und Schuppli Martha Lauterburg,
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die mit Schliemanns am 4.
September in Bern zusammentraf und gleich engagiert wurde, nicht zuletzt wohl,
weil sie auch Eduard von Muralt empfohlen hatte.
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Jakob A. Mähly (1828–1902)
Mit Jakob Achilles Mähly (Abb. 2)
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ist der zweite Schweizer Korrespondent
Schliemanns genannt. Wie erwähnt, umfasst der erhaltene Briefwechsel der bei-
den
eine deutlich kürzere Zeitspanne als derjenige mit Eduard von Muralt
.
Mähly
hatte in Basel und Göttingen Klassische Philologie studiert und sich in Basel ha-
bilitiert. Neben seiner universitären Lehrtätigkeit unterrichtete er alte Sprachen
an Basler Gymnasien. 1875 wurde er zum Ordinarius für lateinische Sprache und
Literatur gewählt und erlebte Friedrich Nietzsche als Kollegen während dessen
Basler Jahren. Überall schätzte man seine Leichtigkeit im Umgang mit Sprachen;
in einem Nachruf wird vermerkt, dass ihm „(Latein) wie einst den Humanisten als
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Brief vom 2. September 1881 (Original Universitätsbibliothek Basel; Kopie BBB 38, 239).
33
Brief vom 2. September 1881 (BBB 38, 240).
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Lebensdaten und Biographie unbekannt. Charakterisierung durch S. Meyer-Lieb: „[...] 28–30 Jahre
alt [...], war schon in England Erzieherin, spricht deutsch, französisch u. englisch mit derselben
Leichtigkeit, [...] ist musikalisch, auch im Hauswesen erfahren u. von sehr liebenswürdigem Cha-
rakter, dabei eine entusiastische
[sic]
Verehrerin Griechenlands, sowie von dessen hochverehrtem
Bewohner, dem ,berühmten Trojamann
‛
[...]“. Brief vom 3. September [irrtümlich
„3.XI“] 1881
von S. Meyer-Lieb (B 87, 652a–b).
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Laut Mähly ist sie eine erfahrene Erzieherin, viersprachig, hat unter anderem bei Graf Dönhoff und
Richard Wagner gearbeitet und lange in Rom gelebt (Brief vom 3. September 1881 [B 87, 581]).
Vgl. unten und Anhang.
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Martha Lauterburg (1859–1922) unterrichtete auch nach ihrer Tätigkeit bei Schliemanns weiter an
der neuen Mädchenschule in Bern; nach ihrer Heirat mit Wilhelm Ludwig Lauterburg 1883 gehörte
sie zudem der Schuldirektion an (Dummermuth 1901, 138. 194). Lebensdaten und Personalien nach
<http://www.bernergeschlechter.ch/humo-gen/family.php?id=F28784&main_person=I83668>.
37
Schliemann an S. Meyer-Lieb, Brief vom 5. September 1881 (BBB 38, 243). Schliemann hatte mit
E. von Muralt offenbar am gleichen Tag in Lausanne gesprochen. Genau genommen entschied er
sich für die erste Bewerberin, die er persönlich treffen konnte; von den von S. Meyer-Lieb und J.
Mähly empfohlenen Kandidatinnen erfuhr er erst am Abend des 4. September durch deren Briefe
(B 87, 652; B 87, 581), als er sich schon entschieden hatte.
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Bonjour 1960, 644f.; Historisches Lexikon der Schweiz 8 (2009) s. v. Mähly, Jakob Achilles (K.
Marti-Weissenbach).