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Nach einer langen Pause

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nahm Jakob Mähly erst wieder im Dezember 1889 Kon-

takt mit Schliemann auf, diesmal auf deutsch.

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Er teilt ihm mit, dass er wegen eines

Halsleidens gezwungen sei, von seiner akademischen Tätigkeit zurückzutreten, was

ihm äußerst schwer falle und zudem finanzielle Einbußen nach sich ziehe: „Wäre ich,

wie Sie, ein berühmter & gesuchter Schriftsteller, so könnte ich die in meiner Kasse

entstehende Lücke mit leichter Mühe ersetzen [...], aber Sie wissen doch auch, wie

minim oder gar nicht die philologische Arbeit von Gelehrten meines Kalibers hono-

rirt wird, gerade genug, um das Papier und den Consum des Lampenöls zu bestrei-

ten. [...] Nun habe ich mir gedacht, Sie könnten vielleicht in den Fall kommen mir

irgend eine meinem Wissen und Können [...] eingermaßen entsprechende Thätigkeit

zuzuweisen, ich denke beispielsweise an die Durchsicht Ihrer Manuskripte vor dem

Druck und nach demselben [...].“ Schliemann reagiert zunächst eher ungehalten: we-

gen seines langen Schweigens habe er nicht mehr mit ihm gerechnet und statt seiner

Schuchhardt als Mitarbeiter angefragt; er lenkt dann aber ein und stellt ihm mögliche

Übersetzungen ins Französische in Aussicht.

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Schliemanns letzter Brief ist versöhn-

lich gestimmt, und er entbietet Mähly seine besten Wünsche für baldige Genesung.

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Auch im Briefwechsel mit Eduard von Muralt gab es einen längeren Unterbruch –

hier sogar von neun Jahren –

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, und es berührt etwas seltsam, dass Schliemann den

nun über 80-Jährigen nochmals um die Vermittlung einer Schweizer Gesellschafterin

bittet. Auslöser war wohl die unerwartete Kündigung der allseits geschätzten Erzie-

herin Sophie Haupt (

ρήτη

).

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Diesmal ist es seine Frau, die eine Schweizerin als

„Gesellschafterin, Helferin, Vorleserin und Begleiterin der Kinder“ sucht, da sie der

Meinung sei, in der Schweiz gebe es einen Überfluss an jungen Frauen, die die rich-

tigen Voraussetzungen mitbrächten,

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und nun ist sie es auch, die die Auswahl treffen

wird, denn, wie Schliemann sagt, kümmere er selbst sich nicht um Häusliches.

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Ob

die Anfrage Erfolg hatte, wissen wir nicht, da keine weiteren Briefe erhalten sind.

58

Aus dem Jahr 1885 sind drei hier nicht besprochene Briefe erhalten, in denen es um Familiäres,

wissenschaftliche Publikationen der beiden sowie um ein mögliches Promotionsverfahren von

Schliemanns Schwager Panayotis Kastromenos geht (B 96, 73; BBB 39, 321; B 97, 582).

59

Brief vom 13. Dezember 1889 (B 105, 617) (Unterstreichungen original).

60

Brief vom 20. Dezember 1889 (BBB 42, 45). Mählys Antwort ist nicht erhalten.

61

Brief vom 24. Januar 1890 (BBB 42, 123)

62

Jedoch scheint E. von Muralt Schliemann in der Zwischenzeit einmal besucht zu haben; vgl. Brief

vom 27. August 1890 (BBB 42, 477).

63

Sie war sechs Jahre bei Schliemanns im Dienst gewesen: Brief vom 27. August 1890 (wie Anm.

62).

64

Hier fällt in besonderem Maße auf, wie sehr Wunsch und Wirklichkeit wohl auseinanderklafften,

denn als Schweizerinnen, die im Dienst der Familie Schliemann standen, lassen sich meines Wis-

sens nur Martha Lauterburg und Cécile Horner anführen.

65

Briefe vom 16. und 17. September 1890 (BBB 43, 8; 43, 11). E. von Muralts Brief vom 6. Septem-

ber, den Schliemann erwähnt, ist nicht erhalten.