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solche Hoch- und Springfluth von griechischen Versreminiscenzen, dass ich deut-
sche Landratte darinnen zu ertrinken befürchtete. [...] Beim Abschied nahm er
mir das Versprechen ab, eine griechische Korrespondenz mit ihm unterhalten zu
wollen. [...] Am Ende wird‘s nicht so gefährlich sein
‛
, dachte ich, ,große Männer
sind keine enragirten Briefschreiber
‛
. Ich habe mich bitter getäuscht, bin auch,
trotz allem guten Willen, mehrfach sein Schuldner geblieben.[...] Seine Briefe,
beinah durchweg korrekt, sogar mit einer gewissen Eleganz geschrieben, haben
meine Achtung vor seiner Person besiegelt, mag auch das Phantom von Troja in
alle Winde zerflattern!“
.
Schon wenige Tage nach dem Treffen erhielt Mähly von
Schliemann den erwähnten Brief aus Thun,
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in dem er ihn bat – natürlich auf
griechisch –, einerseits sein „Mitarbeiter bei den Forschungen in homerischer Ar-
chäologie zu werden“, anderseits für seine Tochter eine Erzieherin zu finden, doch
kam Mählys Vorschlag, wie wir wissen, zu spät.
In den folgenden fünf Briefen von November 1881 und Mai 1883 blieben die
beiden Korrespondenten beim Altgriechischen. Schliemann setzt sich eingehend
mit der Kritik auseinander, die Mähly in seiner ausführlichen Rezension insbeson-
dere von Schliemanns „Ilios“-Buch angebracht hatte. Er empfindet sie als „bittere
Wahrheit“,
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ist aber bereit, sie von ihm, dem „Gelehrtesten und in der griechi-
schen Philologie Erfahrensten“
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weitgehend zu akzeptieren.
47
Zum Dank schickt
er Mähly einen „Fusswurzelknochen aus der verbrannten Stadt Troja“
48
. Mähly
seinerseits wäre froh, von Schliemann „etwas der philologischen Zuwendung
(Würdiges) wie etwa eine bedeutendere Inschrift“ zum Bearbeiten zu erhalten,
damit (sein) „Ruhm bis zum Himmel steigen möge“.
49
Im Spätsommer 1884 hielt sich Schliemann mit der Familie zur Kur in Marien-
bad und im mecklenburgischen Warnemünde auf
.
50
Den nächsten Brief an Mähly
schickte er am 3. September aus Warnemünde, und zwar auf deutsch, wohl um
seiner ganz konkreten Frage Nachdruck zu verleihen: er möchte wissen, ob die
Verwandte, die Mähly ihm vor drei Jahren empfohlen hatte, als Erzieherin für die
jetzt 13-jährige Andromache noch zur Verfügung stünde.
51
Ungeduldig hakte er
telegrafisch nach: „[...] Antwort bezahlt telegraphiret sofort ob die Ihnen verwand-
44
Siehe Anm. 33.
45
Brief vom 10. November 1881 (BBB 38, 305).
46
Brief vom 11. November 1881 (BBB 38, 308).
47
wie Anm. 45.
48
wie Anm. 45.
49
Brief vom 26. Mai 1885 (B 92, 390).
50
Traill 1995, 314; Mühlenbruch 2008, 40. 105.
51
Original Universitätsbibliothek Basel; Kopie BBB 40, 228–229.