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Schliemanns. Einige Jahre später – am 20. Jänner 1890 – richtete George Nie-
mann eine Bitte des Museums aus: man wünschte – ich zitiere aus Schliemanns
Antwortschreiben
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– „[…] Proben der in Troia vorkommenden Baumaterialien,
wie Lehmziegel, Bruchsteine, Stucke der Fußböden und Proben der verschiedenen
Schichtungen […]“ zu erhalten. Schliemann erklärte sich sehr gerne bereit, die
Proben zu schicken, bat aber „[…] dem Custos aufzutragen mir […] nochmals; in
einem nach den Dardanellen adreßirten Briefe seine Wünsche vorzutragen, denn
dann wird Dr Dörpfeld bei mir sein, der es beßer versteht als ich das Material aus
zu wählen“.
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Wilhelm Dörpfeld
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(1853–1940) dürfte eine Auswahl an Funden
zusammengestellt haben; diese sind aber nicht verschickt worden.
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Abgesehen von diesen Schreiben öffentlicher Institutionen erreichten Schliemann
aber auch zahlreiche Briefe von Privatpersonen, die ihn um die Zusendung diver-
ser Objekte baten. Stellvertretend seien hier einige vorgestellt: Der bedeutende
Wiener Gemmensammler und Seidenfabrikant Tobias Biehler
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(1810–1890) kon-
taktierte Schliemann im August 1876:
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Biehler sandte ihm einige Photographi-
en und Siegellackabdrücke von Gemmen aus seinem Besitz und bot Schliemann
auch an, ihm von weiteren geschnittenen Steinen Photographien oder Abdrücke zu
überlassen, falls ihn dies interessiere. Darüber hinaus klagte er, dass das Sammeln
von Gemmen aus der Mode gekommen sei und er fürchte, dass seine Sammlung
nach seinem Tode zerstreut werden würde. Dies ist vielleicht zu einem geringen
Teil auch geschehen; der größte Part allerdings gelangte in die Maxwell Som-
merville Collection of Engraved Gems am University of Pennsylvania Museum.
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Biehler wies Schliemann auf die Seltenheit griechischer Gemmen hin und schloss
daran zwei Fragen an, nämlich ob es in Athen eine Gemmensammlung gäbe und
ob Schliemann während seiner Grabungen denn Gemmen gefunden habe. Falls ja,
so bitte er ihn um Siegellackabdrücke. Einem Vermerk auf Biehlers Brief zufolge
dürfte Schliemann dieses Schreiben und einen zweiten Brief Biehlers, den jener
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Niemanns Brief hat – wie alle an Schliemann gerichteten Schreiben des Jahres 1890 – als verloren
zu gelten; s. dazu Kennell 2007, S. 786, 812.
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Zavadil 2009, S. 301f. Ed. Nr. 180 (im vorliegenden Artikel nach ASCSA, BBB 42, S. 127, Lese-
fehler korrigiert).
32
Zu Wilhelm Dörpfeld s. Goessler 1951; Zavadil 2009, S. 392f.; Papadatou-Giannopoulou 2008;
Goebel/Giannopoulou 2010. Zu Dörpfeld und Schliemann s. Kennell 2010.
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Lang-Auinger 2012, S. 320 Anm. 7. Das Naturhistorische Museum in Wien beherbergt keine
Funde aus Troia, die im 19. Jahrhundert als Geschenk Schliemanns nach Wien kamen (freund-
liche Mitteilung von Karina Grömer, Prähistorische Abteilung, Naturhistorisches Museum Wien,
am 16. November 2015).
34
Zu Tobias Biehler s. Rollett 1890, S. 66f.; S. 1890; Berges 2011, S. 116–120. Für die Gemmen-
sammlung s. etwa Biehler 1871 und Wieseler 1882.
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Biehler an Schliemann, 17. August 1876 (ASCSA, B 71, Nr. 270 + 270a).
36
Berges 2011, S. 118f.