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von Athene protegierte Herrscher über Argos, der blonde Menelaos, König von
Lakedämonien, der hochvornehme Antilochos, Sohn Nestors, und der kretische
Aristokrat Meriones. Achill selbst verzichtete auf eine Teilnahme, da er mit sei-
nen ausgezeichneten Rossen, wie er meinte, ohnehin Sieger werden würde und so
die Chancengleichheit von vornherein verletzt hätte. Als Kontrolleur des Wagen-
rennens wurde Phoinix, der einstige Erzieher Achills, eingesetzt.
Beachtenswert ist, was Nestor seinem Sohn Antilochos vor Rennbeginn riet:
„Zwar sind die Rosse der anderen geschwinder, aber die Männer wissen nicht
mehr als du selber ... Lass dir jetzt kluge Gedanken einfallen von jeglicher Art,
damit dir der Preis nicht entgeht! Mit klugen Gedanken leistet ja doch ein Holz-
hauer bedeutend mehr als durch Stärke ... Mit klugen Gedanken gewinnt auch
der eine Roßelenker über den anderen“. Dieses Quent Verstand spielte auch bei
dem Ringkampf zwischen Aias, dem nach Achill stärksten Manne im Heere der
Achaier, und Odysseus eine Rolle, der seinem Gegner körperlich zweifellos un-
terlegen war. Aber der Kampf von Aias und Odysseus, von Körper und Geist
(Witz und List) führte schließlich zu einer Pattsituation, der Achill entschlossen
ein Ende machte, indem er beide zu Siegern erklärte und beide die gleiche Sie-
gesprämie erhielten.
Das Wagenrennen war also nicht nur ein Wettkampf von Tier, Material und
menschlicher Physis, sondern zugleich auch ein Agon des Intellekts und, wie
sich noch zeigen sollte, des Charakters und ethischen Verhaltens. Während des
Rennens kam es an gefährlicher Stelle zu einem Duell zwischen dem älteren
Menelaos und dem jüngeren Antilochos, der seinen Konkurrenten gegen die Re-
gel auf bedrohliche Weise übervorteilte. „Du fährst wie verrückt, Antilochos! So
bremse doch deine Pferde! ... Sonst stößt du mit meinem Wagen zusammen und
bringst uns beide zu Schaden!“, so der vernünftige Menelaos. Aber der jüngere
Antilochos forcierte rücksichtslos das Tempo, so dass der vernünftigere Menela-
os sein Gespann zurückhielt, denn „sonst wären die einhufigen Rosse zusam-
mengeprallt und hätten die Wagenkörbe ... umgeworfen, aber die Lenker wären
durch die hastige Gier nach dem Sieg in den Staub gestürzt“.
Antilochos hatte ganz offenkundig gegen die Regeln des Agons verstoßen, sich
auf unehrenhafte Weise – durch einen Trick – einen Vorteil und damit ein Preis-
geld verschafft, das ihm nicht zustand.
Eine andere Regelwidrigkeit begingen die Götter, indem sie manipulierend in
den Agon eingriffen. Als in dieser Reihenfolge Eumelos und Diomedes mit ihren
Gespannen dem Ziel zuflogen und Diomedes mit seinen Hengsten zum Überhol-
manöver ansetzte, entriss ihm Apollon die Peitsche, doch die darob ergrimmte




