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Schwester Elise zogen. Bis zum Tode des 90-jährigen Vaters im November 1870
kümmerten sich die Kuhses rührend und aufopferungsvoll um den eigensinnigen
und zum Pflegefall gewordenen Vater. Schliemanns Schwester Wilhelmine, die
alle Geschwister liebevoll „Minchen“ nannten, war während der letzten 25 Le-
bensjahre des Vaters der Hauptansprechpartner und die wichtigste Auskunftsper-
son für Heinrich Schliemann in Familienangelegenheiten geworden. Die vorhan-
denen 287 Briefe der an Heinrich Schliemann gerichteten Briefe legen ein bered-
tes Zeugnis davon ab. Nach Lyck reisten auch Heinrich und seine erste russische
Frau Jekaterina mit ihren Kindern mehrmals. Schliemanns erste Frau schätzten
die Schwestern sehr, sie litten dann auch unter der späteren Ehescheidung.
Schliemanns Schwester Louise heiratete 1859 mit 32 Jahren in Röbel den Lehrer
und Kantor Martin Pechel, in der Ehe wurden 5 Kinder geboren. Ein Jahr später
wurde Schliemanns „Lieblingsschwester“ Dorothea („Dütz“), zu der er sich am
meisten hingezogen fühlte, in Röbel von dem Amtsregistrator Johann Petrowsky
geheiratet, sie war bereits 42 Jahre alt. Ihre Ehe blieb kinderlos. Noch im Jahre
1850 hatten die Schwestern befürchtet, sich nicht mehr verheiraten zu können,
„weil wir arm und die Töchter des bekannten Pastor Schliemann sind“
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. Doro-
thea erreichte mit 94 Jahren das höchste Lebensalter, sie verstarb erst im Jah-
re 1912. Auch mit den übrigen Schwägern war Heinrich gut ausgekommen, der
Briefwechsel mit ihnen hielt sich aber in Grenzen. Schliemann hat seine Schwes-
tern zeitlebens finanziell unterstützt und ihnen wie auch seinem Vater großzügig
Kur- und Bäderreisen finanziert. Das ermöglichte ihnen ein sorgenfreies und fi-
nanziell selbständiges Leben, für das sie sich ihrem Bruder stets dankbar zeigten.
Dr. Wilfried Bölke
Klockower Str. 2a
D-17219 Bocksee (Schliemanngemeinde Ankershagen)
BR Deutschland
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GL Serie B, Box 6, Folder 3 / 6121




