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Verhältnissen beim Vater litt. Wegen der Weigerung des Vaters, Paul zu ihm zu

lassen, kam es nun zwischen dem Vater und Heinrich zu Spannungen.

Anfang September 1852 formulierte der Vater sehr aufgebracht an Heinrich ei-

nen Brief, in dem er sich darüber empörte, dass dieser ein an ihn gerichtetes

Schreiben ungeöffnet zurückgesandt habe. „Was kann und muß ein Vater davon

denken, wenn ein gebildeter Sohn so handelt? Sind meine Briefe Dir so verhaßt,

warum schreibst Du denn noch an mich und warum wünschest Du denn noch

meine Antwort? … Solltest Du mir aber auch diesen Brief unerbrochen zurück-

senden; so ist es der Letzte, den ich Dir zugesandt habe!“

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Trotzig folgte dann,

dass er Ernst nicht früher von zu Hause fortlassen werde, als dieser seine Schule

beendet hat. Deshalb müsse er sein Anerbieten ablehnen!

Spätestens mit diesem Brief des Vaters an Heinrich wird deutlich, welches Kon-

fliktpotential sich im Laufe der Jahre zwischen Vater und Sohn angehäuft hatte,

das bisher mit höflich formulierten Worten noch unter der Decke gehalten wer-

den konnte, jetzt aber erstmals in den Briefen offen zum Ausdruck kommt. Durch

die Briefe der Schwestern war Heinrich immer wieder auf die haltlosen und un-

würdigen Zustände im Hause seines Vaters aufmerksam gemacht worden, unter

denen besonders die Erziehung von Ludwig, vor allem aber die des ungeliebten

Paul und jetzt auch die des jüngsten Stiefbruders Ernst litten. Heinrich hatte sich

durch mehrere Besuche nun selber ein Bild davon machen können, hatte danach

auch versucht, daran etwas zu ändern, indem er sich nun selber um die Ausbil-

dung seiner Brüder kümmern wollte. Immer war er auf die Ausreden und den

Widerstand seines egoistischen Vaters gestoßen, der nur auf seine eigenen Belan-

ge und Vorteile bedacht war. Nach der Ablehnung der finanziellen Wünsche und

Vorstellungen seines Vaters war Heinrich jetzt mit Nachdruck darauf bedacht,

seinen jüngsten beiden Brüdern zu helfen, sie aus dem Umfeld des Vaters und der

überforderten Stiefmutter zu entfernen. Damit hatte er den Unwillen seines Va-

ters provoziert, der offensichtlich finanziell als auch familiär in eine ausweglose

Situation geraten war, die er aber nicht eingestehen wollte.

Anfang Oktober 1852 traf bei Heinrich eine alarmierende Nachricht des Vaters

aus Dtsch. Eylau ein. In der Stadt wäre die Cholera ausgebrochen, die sich schnell

ausbreiten würde und bereits zahlreiche Todesopfer gefordert habe. Auch Paul sei

schwer erkrankt: „Mach Dich auf das Schlimmste gefasst!“

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Heinrich war nun

sehr beunruhigt. Er machte sich Vorwürfe, den Vater auf seiner Rückreise von

Kalifornien nicht, wie beabsichtigt, besucht zu haben. Er hätte sich dann auch

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GL Serie B, Box 7, Folder 7 / 7074

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GL Serie B, Box 7, Folder 7 / 7082