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hatte. Er verabschiedete sich darin von ihr vor seiner Abreise nach Amsterdam.
Heinrich, der seit dem 1. 3. 1844 als Korrespondent und Buchhalter im Handels-
haus B. H. Schröder & Co. arbeitete, hatte für seinen Bruder eine Anstellung
gefunden. Heinrich hatte immer wieder die Kenntnis von Fremdsprachen als
Voraussetzung für eine kaufmännische Tätigkeit im Ausland betont und diese
auch von Ludwig eingefordert. Er selbst behauptete von sich in dem Brief an
die Schwestern, dass er bereits zu Beginn seines Aufenthaltes in Amsterdam „in
der Correspondenz von 4 lebenden Sprachen routinirt (gewesen) wäre und auch
die fünfte, nämlich die holländische, bald kennen lernen würde“
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. Es lässt sich
denken, wie sehr Ludwig bemüht war, diesen hohen Ansprüchen seines sprach-
begabten Bruders gerecht zu werden.
Im November 1845 kaufte der Vater ein kleines Gut in Schweckowisena bei
Dtsch. Eylau (Westpreußen) und zog dorthin um. Im Januar 1846 verließ Hein-
rich Amsterdam und gründete in St. Petersburg eine Handelsniederlassung, sein
Bruder Ludwig war nun in Amsterdam allein auf sich gestellt.
Der Vater zeigte sich in seinen Briefen an seinen Sohn Heinrich, den er mit „mein
herzlich geliebter Sohn“ anredete, beeindruckt von Heinrichs „großartigen Ta-
lenten und Kenntnissen“. Er bezweifelte nicht, dass dieser in seinen „großartigen
Unternehmungen“ glücklich sein würde. Auch die Schwestern reagierten hocher-
freut, aber auch fassungslos und besorgt auf Heinrichs Nachricht über die „glück-
liche und erfreuliche Wendung“ seines Schicksals. Sie brachten ihre Befürchtun-
gen zum Ausdruck, dass er zu rasch vorwärts streben könnte und ermahnten ihn,
in seinen Unternehmungen vorsichtig zu sein.
Zum Jahresende 1847 erhielt Heinrich von Ludwig die Hiobsbotschaft, dass des-
sen Engagement bei seinem Arbeitgeber in Amsterdam Anfang 1848 beendet
sein würde. Er wisse nun nicht, wie es weiter gehen solle und fragte an, was er
tun solle. Er hatte die Hoffnung, dass Heinrich ihm in St. Petersburg eine Stelle
beschaffen könne. Dieser teilte dem Vater seine Reaktion mit.
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Er hätte anfäng-
lich Lust gehabt, Ludwig auf sein Kontor zu nehmen, habe es sich jedoch anders
überlegt. Dieser wäre zu sehr von seinen Kenntnissen, deren er nur wenige habe,
eingenommen und stelle zu große Ansprüche, ohne zu bedenken, dass vier Jahre
vergehen würden, ehe er Russisch erlernt hätte und ihm nützen könne. Er solle
nach Mecklenburg gehen, dort ein Geschäft eröffnen, wofür er ihm 500 Taler
vorschießen wolle. Ludwig lehnte den Vorschlag entschieden ab und schrieb an
6
Siehe Anm. 4 , S. 29
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GL Serie BBB, Volume 5 / 62
 
	
	 
					 
				 
				


 
		
