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für die Schwestern Ludwigs Nachlass zu sichern. Dem Vater sandte er zuvor 200
Taler, die dieser nicht annehmen wollte, weil er es nicht nötig gebrauchen würde.
Er bat ihn, ihm zukünftig kein weiteres Geld mehr zu schicken. Da die Gast-
wirtschaft nicht den erwarteten Gewinn abgeworfen habe, hatte der Vater sie für
ein Jahr verpachtet. Er war mit seinen „Hausgenossen“, wie er seine Familie zu
bezeichnen pflegte, in ein Hinterhaus gezogen.
Mitte November 1851 erhielten die Schwestern von Heinrich aus Kalifornien die
alarmierende Nachricht, dass er sich entschlossen habe, für immer im fernen
Westen Amerikas zu bleiben. Er habe in Sacramento eine Goldgräberbank ge-
gründet und mache glänzende Geschäfte. Die Schwestern freuten sich zwar über
seine neuerlichen geschäftlichen Erfolge, hatten aber auch große Ängste, dass
Heinrich dort das gleiche Schicksal erleiden könnte wie Ludwig. Das brachte
Elise in einem Brief so zum Ausdruck: „… mein innigstgeliebter Bruder, wir
können nur leben und ruhig sein, wenn Du lebst und glücklich bist – darum …
komme wieder! – Du wirst unser Erretter sein – denn ohne Dich ist unser Leben
nichts wie Noth u Tod.“
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Erleichtert nahmen die Schwestern Ende Januar 1852 Heinrichs Nachricht auf,
dass er den festen Entschluss gefasst habe, im Mai wieder nach Europa zurück-
zukehren. Er begründete seinen Entschluss mit einer Erkrankung an Gallenfieber
und dem dort herrschenden „scheuslichen Clima“, das eine Genesung unmög-
lich mache. Heinrich entschloss sich, nach St. Petersburg zurückzukehren und
machte auf der Rückreise Mitte Juli 1852 für eine Woche einen Zwischenhalt in
Mecklenburg, um Verwandte und Freunde zu besuchen. Für Stunden nur machte
er auch nach 20-jähriger Abwesenheit einen Abstecher in seinen Heimatort An-
kershagen. Seine Eindrücke vomWiedersehen nach so vielen Jahren schilderte er
in seinem Amerika-Tagebuch (1850-1852).
Der Freitod von Schliemanns Bruder Paul
Schliemanns Schwester Dorothea hatte einige Zeit, wie auch schon ihre Schwester
Louise zwei Jahre zuvor, beim Vater und der Stiefmutter in Westpreußen gelebt.
Sie hatte Heinrich im März 1847 ihren sehnlichen Wunsch mitgeteilt, wegen der
unerträglichen Zustände so bald als möglich den Vater wieder zu verlassen und zu
den Schwestern nach Mecklenburg zurückzukehren.
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Heinrich übersandte seiner
Schwester postwendend einen Wechsel für das von ihr benötigte Reisegeld.
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GL Serie B, Box 2, Folder 5 / 2343
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GL Serie B, Box 2, Folder 1 / 1393




