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Schliemanns Briefwechsel mit dem Vater und seinen Ge-
schwistern – Stand der Auswertung und erste Ergebnisse
Wilfried Bölke
Der Verfasser wertet derzeit den Briefwechsel Heinrich Schliemanns mit seinem
Vater, Ernst Schliemann, seinen vier Schwestern Elise, Dorothea, Wilhelmine
und Louise und deren Ehemännern, den zwei Brüdern Ludwig und Paul sowie
dem Halbbruder „Ernst“ aus. Die Originale werden in der Gennadius Library in
Athen, Kopien der an Schliemann gerichteten Briefe auch im HSM Ankershagen
aufbewahrt.
1
Da die vollständige Auswertung des Briefwechsels noch einige Zeit
in Anspruch nehmen wird, soll zwischenzeitlich über die bereits vorliegenden
ersten wichtigsten Ergebnisse berichtet werden. Bei dem großen Umfang des
bereits ausgewerteten Materials
2
wird nur auf besonders dramatische und ein-
schneidende Ereignisse im Leben der Schliemannfamilie eingegangen, die sich
während der frühen kaufmännischen Jahre Schliemanns in Amsterdam und St.
Petersburg ereignet haben: auf das Schicksal von Schliemanns Bruder Ludwig,
den Freitod seines jüngsten Bruders Paul, die späte Heirat seiner Schwester Wil-
helmine und die Zerwürfnisse mit dem Vater wegen des beruflichen Werdegan-
ges seines Stiefbruders „Ernst“.
Der frühe Tod der von allen Kindern geliebten Mutter Louise Schliemann im
Frühjahr 1831 hatte das Zusammenleben der Schliemannschen Großfamilie in
Ankershagen beendet. Heinrich war zu diesem Zeitpunkt neun Jahre alt. Er wur-
de vom Vater nach der Einleitung von gerichtlichen Untersuchungen wegen sei-
nes unmoralischen Verhaltens und der Verfehlungen im Amt
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kurz vor seiner
Amtsenthebung im Januar 1832 zu seinem Bruder, dem Pfarrer Friedrich Schlie-
mann, nach Kalkhorst geschickt. Dort wurde er auf den Besuch des Gymnasiums
vorbereitet. Die älteste Tochter Elise hatte schon im Herbst 1830 im Alter von 14
Jahren die Familie verlassen und war von der Schwester der Mutter, Dorothea
Sophie Bürger, in Vipperow bei Röbel aufgenommen worden, die mit dem dorti-
gen Pfarrer Bernhard Friedrich Wachenhusen verheiratet war. Auch seine älteren
1
Der Verf. dankt Frau Dr. Natalia Vogeikoff-Brogan für die Unterstützung, ebenso Herrn Gerhard
Pohlan, Archivar der HSG Ankershagen.
2
Ausgewertet wurden bisher etwa 2000 Briefe des Briefwechsels.
3
Siehe W.Bölke: Heinrich Schliemann und Ankershagen – Heimat, Kindheit und Elternhaus,
Mitteilungen aus dem Heinrich-Schliemann-Museum Ankershagen. Heft 2 1988 (auch W.Bölke:
Schliemanns Kindheit in Ankershagen, in: Heinrich Schliemann nach hundert Jahren, herausg.
von W.M. Calder III und J. Cobet Frankfurt/M. 1990, S. 170-190).
 
	
	 
					 
				 
				


 
		
