 
						182
Geldanlagen befragte. Zu jener Zeit war für Schliemann nicht die Frage des tat-
sächlichen Standortes von Troia das Wichtigste, sondern die Frage, ob Pariser
Mietshäuser eine zuverlässige, gewinnbringende Einnahmequelle wären.
Die Pariser Briefe beginnen, als Schliemann in einer Mietwohnung 11 Boulevard
Bonne Nouvelle lebte.
19
In dem ersten Brief, an seinen Londoner Privatbankier
Schröder gerichtet, schildert er „die furchtbare Not St. Petersburgs“, die über fünf
Jahre eine Jahresrendite von 25 % nicht gewährleisten konnte. Er behauptet, er
würde ohne Zögern nach Petersburg zurückkehren und seine Geschäfte fortset-
zen, wenn es nur günstigere Aussichten gäbe, schreibt aber, „die Vernunft hat es
mir verboten“. Er wolle ein Gebäude in der Boulevard de la Madeleine kaufen,
„bloss um etwas Interesse und Beschäftigung zu bekommen”. Er ist überzeugt,
dass Geldanlagen in französische Eisenbahnen sowie in französische Immobilien
„vollkommen sicher“ sind. Er fordert seine Briefpartner auf, sich darüber zu äu-
ßern, indem er anerkennt, dass Immobilien und Aktien sein Kapital größtenteils
binden würden. Fast scheint es hier, als ob Schliemann noch darum kämpft, eine
richtige Entscheidung zu treffen. Spätere Briefe lassen erkennen, wofür er sich
entschieden hat. Einem Freund erklärt er, dass er Pariser Immobilien zu erwerben
beabsichtigt.
Bis zum 15. Dezember schrieb Schliemann wieder an die Schröders. Inzwischen
waren die Preise der großen Immobilie in dem Boulevard de la Madeleine in
die Höhe gestiegen. Er wusste, dass es noch viele andere Liegenschaften gab:
„Ich habe keinen Zweifel daran, dass ich 3 oder 4 große und feine Häuser bis
zum Ende des Monats erwerben kann, die in den belebtesten Straßen liegen“.
Innerhalb von vier Wochen hatte Schliemann eine neue Postanschrift: 33 Rue
de l’Arcade. Zwei Wochen danach (24. Januar 1867) schickte er an Schröder ein
umfassendes Verzeichnis seiner vier erworbenen Immobilien, unter denen seine
neue Wohnung war: 6 & 8 Rue de Calais, 17 Rue des Blancs-Manteaux und 7 &
9 Rue des Puits des Blancs-Manteaux (innerhalb von zwei Jahren in Rue Aubriot
umbenannt) und 5 Boulevard St. Michel.
20
Da bisherige Studien den Inhalt und den Umfang des Universitätsstudiums so-
wie die Einzelheiten seines Erwerbs von Immobilien irrig wiedergegeben haben,
machen diese Bemerkungen deutlich, wie wichtig es ist, mit den Originalquellen
zu arbeiten. Masson benutzte für viele Angaben in seinem Artikel über Schlie-
19
HS&FP BBB 27, Blätter 2 (20. Nov. 1866, an J. Henry Schröder & Co.) u. 4 (22. Nov. 1866, an
Hamdorff).
20
HS&FP BBB 27, Blätter 12 (15. Dez. 1866, an J. Henry Schröder & Co.), 17 (11. Jan. 1867, an
Hamdorff). Verzeichnis: BBB 27, Blatt 2 (24. Jan. 1867, an J. Henry Schröder & Co.); vgl. Traill
1995 (Anm. 4), 31.
 
	
	 
					 
				 
				


 
		
