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W. Schröder (London) erhielt. Schröder berichtete ihm über die erfolgreiche Be-

handlung der Taubheit eines Neffen durch Dr. Troeltsch in Würzburg. Schlie-

mann entschloss sich sofort, dorthin zu fahren. Drei Wochen später konnte er

dann weiter reisen.

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Im Frühjahr 1866 ist Schliemann wieder nach Europa zurückgekehrt. In Paris

wohnte er vom 28. Januar bis etwa 14. Februar wieder im Grand Hotel. Er schrieb

an seine Londoner Bankiers J. Henry Schröder & Co. mit Anweisungen über den

Kauf und Verkauf von amerikanischen und kubanischen Obligationen sowie an

eine Königsberger Speditionsfirma wegen des Versandes seines Hausrats. Weil

er bis Oktober 1866 fast ständig unterwegs war, ist der überlieferte Briefwechsel

ziemlich lückenhaft. Doch belegen einige Briefe, dass Schliemann sich endgültig

nicht mehr an dem Handel mit Rohstoffen und an Bankdienstleistungen beteilig-

te.

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Nun zurück zu den Tagebüchern! Trotz langjähriger Forschungsarbeiten hat

Ernst Meyer nur zwei Aussagen über Schliemanns Tätigkeiten am Anfang der

Pariser Periode geliefert, um dessen Haltungswandel zu kennzeichnen: den am

10. Februar 1866 an Schwester Doris geschriebenen Brief, der die geistigen und

gesellschaftlichen Einrichtungen der Stadt preisend schildert – und der Aussa-

ge, dass Schliemann im Jahre 1863 angefangen hatte, in Paris Häuser zu kaufen,

und – am 1. Februar 1866 „nahm er mit persönlich eingeholter Zustimmung des

Kultusministeriums das wissenschaftliche Studium an der Sorbonne auf – im Al-

ter von 44 Jahren.” Der entsprechende Tagebucheintrag lautet bloss „Herr Lami

hat mich Herrn Samson im Bildungsministerium, Rue de Grenelle, St. Germain,

empfohlen. Gestern besuchte ich die Opera Comique.“ Schliemann nennt zehn

Vorlesungen, die er an der Universität und an dem Collège de France bis zum

10. Februar gehört hatte. Diese wurden von Meyer zusammengefasst und zwar

mit erheblichen Auslassungen, z. B. „die Rede von einem angesehenen Professor

über den unbezähmbaren Charakter von Karl XII.“ (von Schweden), und dass die

Vorlesung über griechische Philosophie von den Vorsokratikern Empedokles und

Anaxagoras handelte. Mit solchen intellektuellen Anregungen wechselten sich

Besuche zu dem Jardin des Plantes und dem Louvre sowie Abendessen im Hotel,

ein ganztägiger Zahnarztbesuch (um ein neues Gebiss zu erhalten) und Opern-

bzw. Theaterabende ab. Am 10. Februar brachte Schliemann das Manuskript von

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HS&FP A5, 45–48; BBB 25, Blatt 94 (20 Okt. 1864, an Schröder); vgl. Meyer 1969 (Anm. 13),

185.

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HS&FP A9, 104–112 (Briefe an Schröder 29. Jan. u. 2. Feb.), BBB 26 enthält eine Anzahl von

März – Juli in St. Petersburg geschriebenen Briefen (einschl. 15 auf Französisch). Kein Handel

mehr: HS&FP BBB 26, Blätter 38 (29. März 1866, an Walker & Fournier) u. 82 (6. Mai 1866, an

E. W. Schliemann).