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Russland gefallen war. Der Friedensvertrag von Jassi 1792 bekräftigte noch ein-
mal die Unterordnung der Halbinsel unter die russische Herrschaft und legte den
Dnestr als vorläufige russische Grenze zu den türkischen Besitzungen fest. In den
1820 – 1830er Jahren erlebte die Archäologie in den südrussischen Gebieten ihren
ersten Aufschwung, als in der nördlichen Schwarzmeerregion in den alten Grie-
chenstädten, d. h. in Chersonesos Taurik
ē
, in Pantikapaion, Theodosia, Olbia und
Phanagoria gegraben wurde und erste archäologische Museen entstanden. Auch
die Kurgane der Skythen gerieten zunehmend in den Blickpunkt der archäologi-
schen Forschungen.
6. - und das ist nicht unwichtig - die ersten archäologischen Erkundungen im nörd-
lichen Schwarzmeergebiet unternahmen nicht professionelle Archäologen, die es
zu diesem Zeitpunkt in Russland nicht gab, sondern Laien, vornehmlich Beamte
und Offiziere, für welche die Suche und die Beschäftigung mit den überreichlich
vorhandenen Resten der Vergangenheit eine Art von nebenberuflicher Tätigkeit,
wenn nicht gar eine Lebensaufgabe wurden.
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Damit verbundene Veröffentlichun-
gen kamen u. a. aus der Feder des aus Charkov stammenden Statistikers Pjotr
I. Köppen (1793 – 1864)
15
oder des in Schliemanns russischen Jahren schon als
Archäologen zu betrachtenden Grafen Alexander S. Uvarov (1825 – 1884), eines
der Mitbegründer der Kaiserlich-Russischen Archäologischen Gesellschaft (ge-
gründet 1846).
16
Auch Eduard (Ludwig) von Muralt war an ihrer Gründung betei-
ligt (von 1846 bis 1852 fungierte er als Erster Sekretär der Abteilung für antike,
byzantinische und westeuropäische Archäologie).
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2.1. Kertsch/das antike Pantikapaion
Am 27. August 1866 um 6 Uhr abends legte das Schiff, mit dem Schliemann den
Don abwärts gefahren war, in der Stadt Kertsch am Kimmerischen Bosporus am
Ausgang des Asowschen Meeres an. Er beeilte sich, um sich noch rechtzeitig das
dortige kleine Museum anschauen zu können. Unter den Exponaten befanden sich
verschiedenartige Schädel, einige wenige goldene Kränze, korrodierte Schwerter,
14
E. D. Frolov, a.a.O., S. 101.
15
P. I. Köppen, Alterthümer am Nordgestade des Pontus, Wien 1823 bzw. in Russisch ders., Krymskij
sbornik. O drevnostjach ju
ž
nogo berega Kryma i gor Tavri
č
eskich (= Krim-Sammelband. Über die
Altertümer an der Südküste der Krim und des Taurischen Gebirges), St. Peterburg 1837.
16
A.S. Uvarov, Issledovanija o drevnostjach ju
ž
noj Rossii i beregov
Č
ernogo morja (= Untersuchun-
gen über die Altertümer im Süden Russlands und der Küsten des Schwarzen Meeres), 2 Lieferun-
gen, St. Peterburg 1851 – 1856).
17
E. Maeder, Eduard von Muralt und seine Karriere in St. Peterburg, in: Religion und Gesellschaft in
Ost und West, No. 3, 2014, S. 13.