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spannt den Bogen und ein vierter erstattet seinem König Bericht.
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1832 war das
sogenannte „Grab der Pygmäen“ mit seiner Wandmalerei „Schlacht der Pygmäen
mit den Kranichen“ entdeckt worden. 1841 folgte eine weitere Grabkammer mit
Szenen aus der griechischen Mythologie und dem realen Leben. Allgemeine Be-
achtung fand auch der Goldene Kurgan, 4 km westlich von Kertsch gelegen.
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Der
Hügel, den Schliemann 1866 bestieg, war offensichtlich der Mithdridates-Hügel.
Dass Schliemann den Kurgan Kul’Oba nicht erwähnt, erstaunt.
Die reichen Grabausstattungen von hoher künstlerischer und handwerklicher Qua-
lität aus den Kurganen bei Kertsch weckten natürlich das wissenschaftliche und
gesellschaftliche Interesse an diesen Altertümern und sie füllten die Schatzkam-
mern der St. Petersburger Eremitage. Das war die eine Seite. Die andere, weniger
erfreuliche, zeigte sich darin, dass die ersten Grabungen noch auf einer gewissen
Goldgräbermentalität fußten und nicht systematisch erfolgten. Vieles wurde über-
sehen oder nicht genügend dokumentiert, so dass sogar die Lage einiger Ausgra-
bungsorte in Vergessenheit geriet.
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Desungeachtet zogen die erstaunlichen, reich-
haltigen Funde in und um Kertsch einen deutlichenAufschwung – wissenschaftlich
wie institutionell – der russischen Archäologie nach sich, die sich von nun an zügig
zu einer mit Westeuropa gleichrangigen Wissenschaft vom Spaten entwickelte.
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Unbedingt erwähnt werden muss noch der 19,5 m hohe Kurgan von
Č
ertomlyk
vom Ende des 4. Jahrhunderts, der 1862 – 1863 ausgegraben wurde. Eine Fül-
le von Funden gab Aufschluss über die Lebensumstände der skythischen Ober-
schicht, zumal die eine der vier Grabkammern die Bestattung einer skythischen
Fürstin enthielt. Aus den vielen wertvollen Artefakten, vom Pferdegeschirr bis
zu goldenen Applikationen, Bronzekesseln und zahlreichen Amphoren, sticht die
heute weltbekannte silberne Vase hervor, auf deren Schulterfries sich wirklich-
keitsgetreue Darstellungen aus dem Reiterleben der Skythen befinden. Die Vase
wird heute in der Eremitage in St. Petersburg aufbewahrt.
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Die archäologischen Funde im Süden Russlands, namentlich in einigen der sky-
thischen Hügelgräber, waren nicht weniger sensationell als Schliemanns späte-
re Funde in Troia oder Mykene. Zwar wurde über sie in Russland und anderen
Ländern in russischer und vornehmlich französischer Sprache berichtet, aber bei
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Ein Bericht darüber findet sich in Drevnosti Bospora Kimmerijskogo, Bd 1. St. Peterburg 1854, S.
XIV-XXXIV (siehe Anm. 16).
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V. Buzeskul, a.a.O., S. 357 – 359; E. D. Frolov, a.a.O., S. 106f.; A. A. Formozov, a.a.O., S.31 – 34.
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V. Buzeskul, a.a.O., S.357; E.D. Frolov, a.a.O., S. 107.
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E. D. Frolov, a.a.O., S.107f.
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V. Buzeskul, a.a.O., S. 361; M. I. Artamonov, Sokroviš
č
a skifskich kurganov v sobranii Gosudarst-
vennogo Ermita
ž
a (=Schätze aus den skythischen Hügelgräbern in der Sammlung der Staatlichen
Eremitage), Prag, Leningrad 1966.