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(1830 – 1887)
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, der Schweizer Professor Eduard von Muralt (1808 – 1895), der
seit 1834 in St. Petersburg lebte und dort von 1838 an vorrangig als Bibliothekar
tätig war. Bei ihm absolvierte Schliemann 1858 einen dreimonatigen Latein-Kurs.
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Zu diesem Kreis Intellektueller zählte ebenfalls der Architekt Ludwig Franz K. L.
Bonstedt (1822 – 1883), ein alter Freund der Familie Lyzhin (er verließ Russland
1863, lebte anschließend in Gotha).
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Wahrscheinlich forderten – in der Runde informativen Diskurses – gerade diese
Gelehrten Schliemanns Interesse an geistiger Tätigkeit heraus. Wohl nicht zufällig
schrieb Schliemann im Juni 1856 an seinen griechischen Briefpartner und im Januar
1857 an seinen einstigen Pensionsvater Karl E. Laue (1790 – 1860) in Neustrelitz,
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„dass die Leidenschaft für Wissenschaften so groß bei mir“ ist, „dass ich fest ent-
schlossen bin … den Rest meines Lebens meinem Lieblingsfache, den Wissenschaf-
ten, zu widmen“.
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Das „Lieblingsfach Wissenschaften“ oder „meine Leidenschaften
für Wissenschaften“ klingen aus Schliemanns Munde etwas naiv, unbestimmt und
deuten keineswegs auf irgendeine engere fachliche Festlegung hin.
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Brief Schliemanns an Magdalena Schliemann vom 31. Dezember 1856 (in: HS Briefwechsel 1, Nr.
52, S. 87); E. Meyer, Heinrich Schliemann. Kaufmann und Forscher, Zürich etc. 1969, S. 143 und
Anm. 89, S. 424; A. Jähne, Auf Umwegen nach Troia, in: Mitteil. HSM, H. 7, Ankershagen 2001,
S. 59; Briefe Jekatherina Schliemanns an ihren Mann vom 6. November 1859 (Muralt), 4. April
1864 (Ljugebil), 2. September 1864 (Ljugebil), ? Oktober 1864 (Ljugebil) in: I. A. Bogdanov, Ne
privozi s soboju Gomera… Pis’ma E. P. Schliman Genrichu Schlimanu (= Bring den Homer nicht
mit... Briefe von E. P. Schliemann an Heinrich Schliemann), S. Peterburg 1998, S. Peterburg 1998,
S. 82f., 169f., S. 185f., 189f.
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Ich kannte aus der Literatur über Schliemann Muralt bisher als Ludwig Muralt, Todesjahr 1879,
so die fälschliche Angabe in I. Bogdanov, Ne privozi s soboju Gomera…, S. 83, Anm. 3. Dass
von Muralt sowohl Ludwig als auch Eduard gerufen werden konnte, erklärt sich aus der Mehrzahl
seiner Vornamen: Louis-Albrecht-Edourd (Edward). Aus Louis war in St. Petersburg unter den
deutschen Bekannten Ludwig geworden (zu den Vornamen siehe M. Kiener (Hrsg.). Dictionnaire
des professeurs de l’ Academie de Lausanne /1537-1890/, Lausanne 2005, S. 216 /Études et do-
cuments pour servir a l’ histoire de l’ Universié de Lausanne 37). Frau Dr. Annemarie Kaufmann-
Heinimann (siehe ihren Kolloquiumsbeitrag) war so gütig, mir einige Materialien zu Person und
Leben von E. von Muralt zur Verfügung zu stellen, darunter E. Maeder, „Friedlicher und ruhiger als
in der Schweiz“. Die Zürcher Theologen Johannes und Eduard von Muralt in St. Petersburg, in: E.
Maeder, P. Niederhäuser (Hrsg.), Von Zürich nach Kamtschatka. Schweizer im Russischen Reich,
Zürich 2008, S. 39 – 53.
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Briefe von E. P. Schliemann an Heinrich Schliemann vom 24. April 1856, 1. September 1859, 20.
November 1959, 13. Juli 1863 (aus Köln), in: Bogdanov, Ne privozi s soboju Gomera…, S. 52f.,
70f. Anm. 1, 84, 157 – 159, Anm. 2.
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W. Bölke, Heinrich Schliemann. Ein berühmter Mecklenburger, Schwerin 1996, S. 63f. Anm. 1.
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Brief vom 11. Juni 1856 an Rhodokanakis (unbekannt), in: HS Briefwechsel 1, S. 82f. („den Rest
meines Lebens den Wissenschaften widmen“); auch im Brief vom 18. Juli 1856 an Philipp Kalk-
mann, in: ebenda, S. 85; weiter im Brief vom 31. Dezember 1856 an Magdalena Schliemann, in:
ebenda, S. 86 f.; Brief Schliemanns an Laue vom 15. Januar 1857 (als Auszug) in: ebenda, Anm.
120 S. 312f.; auch Brief vom 2. April 1858 an Wilhelm Hepner („meine Leidenschaft für Wissen-
schaften“), in: ebenda, S. 93.