
70
Wincklers Funde von Keilschrifttafeln in Bo
ğ
azköy.
31
Bereits am 20. August 1920
schrieb Emil Forrer in einem Brief an seinen Doktorvater Eduard Meyer:
„Es hat sich herausgestellt, dass die Luwier ein weit größeres Volk waren als die
Hethiter… Es gewinnt immer mehr den Anschein, dass die Kultur des Hatti-Reichs
in allen Teilen von den Luwiern geschaffen und von den Hethitern übernommen
wurde.“
32
Der große deutsch-amerikanische Hethitologe Albrecht Goetze sah die Situation fast
vierzig Jahre später noch immer ganz ähnlich:
„Die Zweiteilung Kleinasiens in eine westliche und eine östliche Hälfte, jede mit
einer eigenen Kultur, [ist] eine Grundtatsache der Archäologie des vorhethitischen
Kleinasien. Die beiden Hälften waren auch ethnisch und linguistisch verschieden. Im
Osten trafen wir auf die Hattier, im Westen auf die Luwier.“
33
Auch die
Encyclopedia Britannica
von 1962 enthält bereits einen umfassenden Ar-
tikel von Hans G. Güterbock über die Luwier, dessen Inhalt noch heute weitgehend
Gültigkeit hat.
34
Der australische Hethitologe Trevor R. Bryce fasste jüngst zusam-
men:
„A great number of the Bronze Age settlements in western Anatolia were probably
Luwian foundations, or re-foundations, like Apasa, predecessor of Classical Ephe-
sesos, Beycesultan, and perhaps even Troy VI, the most impressive of Troy’s nine
major levels. [...] This ‚restless, expansive‘ people were undoubtedly the most popu-
lous of the Indo-European groups who settled in Anatolia, to judge from the large ar-
eas over which they spread during the course of the Middle and Late Bronze Ages.“
35
Der jugoslawisch-deutsche Prähistoriker Vladimir Miloj
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, der diesen Kulturkreis
auch in Karten geografisch abbildete, bezeichnete ihn zumindest für die Zeit bis 2000
v. Chr. nach einem der damaligen Hauptorte – und somit äquivalent zur mykeni-
schen Kultur – als „Troianische Kultur“.
36
Nach über zwanzig Jahren vehementen
Troja-Streits scheint dieser Begriff allerdings heute weder opportun noch akzeptabel.
31
Hoffner 1997.
32
Oberheid 2007, S. 93; siehe auch Winckler 1913, S. 3; Bossert 1946, iv; Mellink 1965, S. 323;
Beekes 2003, S. 48–49. – Die Verfasser nennen bewusst auch alte Quellen, um zu verdeutlichen,
dass gewisse Erkenntnisse seit langem verfügbar sind.
33
Goetze 1957, S. 178.
34
Siehe Melchert 2003, S. 1.
35
Bryce 2003, S. 31.
36
Milojčić 1976, Karte 3B.