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II., von seiner Eroberung Zyperns berichtet. Nachdem die Keilschrift mit dem
Zusammenbruch des Hethiterreichs um 1190 v. Chr. aus Kleinasien verschwun-
den war, wuchs die Verbreitung der luwischen Hieroglyphenschrift. In Südost-
kleinasien und Syrien finden sich bis ca. 700 v. Chr. zahlreiche hieroglyphenlu-
wische Zeugnisse vor allem bei monumentalen Königsinschriften für öffentliche
Gebäude, oft auf Orthostaten oder Stelen. Die Texte berichten über die Gründung
von Städten oder über Leistungen und Ehrungen von Herrschern und ihren Die-
nern. Der deutsche Altphilologe Hubert Cancik schreibt über die Verfasser:
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„Einige dieser sogenannten Schreiber waren hochgestellte Persönlichkeiten,
kannten den diplomatischen Verkehr, viele Sprachen, mehrere Schriften in ver-
schiedenen Medien (Stein, Ton, Blei, Holz). Sie beherrschten die Formulare, die
Topik von Baubericht und Siegesmeldung und vermochten aus archaischen Vor-
lagen in ihren Bibliotheken archaistische Texte neu zu formulieren und zu schrei-
ben.“
Bis vor wenigen Jahren nannten Wissenschaftler die luwische Hieroglyphen-
schrift noch „hethitische Hieroglyphen“. Auch als Folge davon wird das Auftre-
ten der Hieroglyphen imWesten Kleinasiens häufig mit der Präsenz von Hethitern
assoziiert. Diese Begriffsverwirrung hat dazu beigetragen, dass die Ausdehnung
des hethitischen Reichs auf Karten immer weiter nach Westen wuchs, bis sich
schließlich eine gedachte gemeinsame Grenze mit dem mykenischen Herr-
schaftsbereich ergab
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oder sich die beiden Kulturkreise sogar deutlich überlapp-
ten.
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Die Verknüpfung von Funden luwischer Hieroglyphen mit dem hethitischen
Herrschaftsbereich ist allerdings weder plausibel noch gerechtfertigt.
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Implikationen
7.1 Luwische Kleinstaaten als Nachbarn der Hethiter im Westen Kleinasiens
Die Definition eines eigenständigen Kulturkreises hilft, den westlichen Nachbarn
der Hethiter eine Identität zu verleihen. Die heute gebräuchlichen Karten mit einer
riesigen Ausdehnung des hethitischen Reichs gegen Westen verschleiern in Wirk-
lichkeit unseren Wissensmangel in Bezug auf diese Region – und sie erwecken
gleichzeitig den Eindruck, die hethitischen Großkönige seien übermächtig gewe-
sen. Tatsächlich bereiteten ihnen die Nachbarn im Westen viel Ärger.
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Cancik 2002, S. 79.
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Wittke 2012, Karte S. 29.
45
Rentsch 2004, S. 23.