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ständnis des Literaten auf der Höhe fachlicher Einsichten und moderner Ausstel-

lungsmethodik zu ermöglichen. Die finanziellen Mittel hierfür sicherten Förderer,

denen wir zu großem Dank verpflichtet sind.

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„Johann Heinrich Voß. Ein Grieche

aus Mecklenburg“ – diese Erzählperspektive löst die in Personengedenkstätten

und Personalmuseen übliche Vermittlung von Biografie durch eine Blickrichtung

ab, wonach Vossens Griechentum tief von mecklenburgischen und norddeutschen

Erfahrungen her bestimmt ist. Sie verweist zudem auf den zweiten großen, in An-

kershagen beheimateten Griechen, von Voß durch zwei Generationen getrennt.

Betrieb Voß in der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts

Philologie

– gleichsam als

seine Grabungsdisziplin –, trug Heinrich Schliemann in der zweiten Hälfte des

19. Jahrhunderts die

Archäologie

als Grabungsdisziplin ins Bewusstsein breiter

Kreise. So betrachtet, markieren die Namen Voß und Schliemann die von Karl

Justi konstatierte (grabungs)archäologische Wende vom Buch zur Evidenz, von

Texten zu Objekten, eine Richtung, die „vom Buchstaben der Schriftsteller zu den

Denkmalen der Vorzeit, aus den Büchern und Hörsälen Deutschlands nach Land

und Leuten des Südens führt.“

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Zunächst zur Materialität der Räume:

Im Obergeschoss verfügen wir über 125Ausstellungsquadratmeter, diese entfallen

auf sieben kleinräumige Kabinette (Abb. 1). Dies hat ausstellungspraktische Kon-

sequenzen. Wir zielen auf optische Raumklarheit und auf die Entwicklung eines

schlüssigen Erzählfadens. Wir sprechen hierbei Besucher, die ein Kabinett betre-

ten, frontal an. Wir arbeiten mit großformatigen Wandbildern, darunter Bildcolla-

gen und Friese, mit eigens hergestellten Raumobjekten und sparsam mit Texten.

Ein Lupenpiktogramm fungiert als Lese- oder Explikationsmarker für Sachverhal-

te, die über ein allgemeines Besucherinteresse hinausgehen. Wir vermeiden eine

Textbelastung der Räume, wir inszenieren. Intendiert ist jeweils ein Zusammen-

spiel von Wandbild, Objektarrangement, Texten und Raum.

4

Wir sind der Ostdeutschen Sparkassenstiftung, der Müritz-Sparkasse in Waren, dem Wirtschafts-

ministerium Mecklenburg-Vorpommern und einer bemerkenswerten Anzahl von Spendern, unter

diesen auch Dr. Bernd v. Maltzan, zu Dank verpflichtet.

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Karl Justi: Winckelmann. Sein Leben, seine Werke, seine Zeitgenossen, 3 Bde, Leipzig 1866-1872,

Bd. 1, S. 99. Da sich die Entwicklung vom Buch zur Archäologie im Bereich der Altertumswis-

senschaft in Deutschland erst Mitte des 19. Jahrhunderts vollzieht, darf die Voß-Ausstellung nicht

an Ansprüchen evidenzorientierter Archäologen ausgerichtet werden. Ginge man auf vereinzelt

geäußerte Wünsche ein, ihre Attraktivität mit Objekten der Kunstarchäologie zu steigern, wür-

de dies womöglich eine falsche Spur legen. Es bleibt ausstellungsmethodische Herausforderung,

das Voßhaus mit sinnlich übersetzter Philologie zu bewerben und Leihgaben aus archäologischen

Sammlungen diesem Ausstellungsanliegen dienend unterzuordnen.