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Pitt Rivers war Mitglied zahlreicher Gesellschaften und Vereinigungen. So war
er unter anderem Mitglied in der „Ethnological Society of London“ (1861), der
„Society of Antiquaries of London“ (1864) und der „Anthropological Society of
London“ (1865), in denen er zum Teil hohe Ämter ausübte. Die Ernennung zum
Fellow der „Royal Society“ (1876) war wahrscheinlich die höchste Ehrung in sei-
ner wissenschaftlichen Laufbahn. Auch seine Mitgliedschaft im „Athenäum“ und
des „Egypt-Exploration-Fund“ ist belegt. Er stand mit vielen Wissenschaftlern in
Kontakt, darunter auch mit Worsae und Newton.
Weshalb sich kein Hinweis auf Schliemann ergibt, der doch in den Londoner Ge-
sellschaften kein Unbekannter war und ebenfalls hohe Auszeichnungen erhielt
und dessen Troia-Funde einschließlich des „Schatzes des Priamos“ 1877 in Lon-
don zur Ausstellung kam, kann man nur vermuten.
Die patriotische Einstellung des Generals war dadurch gekennzeichnet, dass man
sein Geld lieber in England zur Förderung der Archäologie als in Ausgrabungen
in Italien und Griechenland einsetzen sollte. Bei der Vervollständigung seiner
Sammlungen trat diese Auffassung weniger zu Tage, wie es zum Beispiel der An-
kauf einer Sammlung von Antiquitäten von Cesnola aus Zypern beweist.
Insgesamt kann man feststellen, dass der Autodidakt Pitt Rivers hervorragende
Arbeit, vor allem auf archäologischem Gebiet, geleistet hat. Er gehört sicherlich
zu den Archäologen des 19. Jahrhunderts, denen im Rahmen eines Kolloquiums
wie dem unseren ein gebührender Platz zusteht.
Bewiesen ist, dass er viele Anregungen von Kollegen übernahm, diese aber ver-
besserte. Der Standard seiner Ausgrabungen für diese Zeit war sehr hoch und kann
mit den Besten seiner Zeit durchaus konkurrieren. Große Verdienste erwarb er sich
durch chronologische Studien, auch wenn seine Theorie der Evolution der Kultur
falsch ist. Er war wahrscheinlich der Erste, der brauchbare realistische Typologien
geschaffen hat
9
, wenn auch die „Erfindung des Begriffs“ durch ihn selbst, wie er
behauptete, wohl schon früher in die archäologische Terminologie eingegangen
ist.
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Hervorzuheben ist weiterhin seine interdisziplinäre Zusammenarbeit mit An-
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Die Typologien von Pitt Rivers und Hans Hildebrandt weisen noch größere Mängel auf. Erst Oscar
Montelius (1843-1921) und William Matthew Flinders Petrie (1853-1942) entwickelten eine lo-
gische Grundlage für die Typologie. Montelius beschrieb die Beziehung der Objekte zueinander
durch das „typologische Rudiment“, und Petrie verbesserte diese Theorie durch die Einführung der
„sequence dating“, jetzt „seriation“ genannte Technik der Typologie.
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Der Begriff „Typologie“ geht schon auf Hans Hildebrandt (1842-1913) zurück. Er publizierte ihn
schon 1873, also ein Jahr vor dem General. (Siehe: Grälsund, Bo., 1987 „The birth of praehistoric
chronologie“, Cambridge. 97-98).