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Heute würde man den Umständen entsprechend, meiner Meinung nach, von ei-

ner „Rettungsgrabung“

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sprechen, eine Praxis, die zur damaligen Zeit auch kaum

verbreitet war. Auf alle seine Grabungen näher einzugehen verbietet sich hier aus

Platzgründen. Sie waren auf jeden Fall sehr zahlreich.

Den Hauptteil seiner archäologischen Tätigkeit widmete er ab der Mitte der

1880er Jahre den Ausgrabungen in Cranborne Chase, einem großen Jagdreservat

an der Grenze zu Dorset, Wiltshire und Hampshire. Reich an Hinterlassenschaften

aus der Bronzezeit, steinzeitlichen Perioden, aus römischer und angelsächsischer

Zeit konnte umfangreiches Material zur Besiedlungsgeschichte dieses Gebietes

geborgen und ausgewertet werden.

Auf ein Detail bei diesen Ausgrabungen sei noch hingewiesen. So ließ er von John

Evans, dem Präsidenten der Numismatischen Gesellschaft, Medaillen anfertigen,

die er mit anderen Objekten an vielen ausgegrabenen Fundstätten hinterließ. Eine

Methode, die in heutiger Zeit wieder in Anwendung ist, wenn man zum Beispiel

Dubletten von ausgegrabenen Scherben wieder am Fundplatz deponiert.

Auf Grund seiner Verdienste wurde Pitt Rivers 1883 als Erster zum Inspektor der

Altertümer ernannt. In diesem Amt war er verantwortlich für die Katalogisierung

und die Erhaltung archäologischer Denkmäler in Großbritannien. Natürlich wa-

ren seine Befugnisse in dieser Tätigkeit stark begrenzt, da rechtlich gesehen den

Besitzern, auf deren Ländereien die archäologischen Stätten lagen, volle Verfü-

gungsgewalt darüber oblag. Dies hatte sich schon im Jahr 1869 gezeigt, als nach

Begehungen in Stonehenge ein Komitee zur Ausgrabung und Restaurierung beru-

fen wurde, aber der Landeigner Sir Edmund Antrobus diese Arbeiten untersagte.

Vielleicht war diese Entscheidung aus heutiger Sicht gut so.

Trotzdem war er bemüht, die Grundbesitzer zu motivieren, ihre Ländereien einer

archäologischen Erforschung der darauf befindlichen Denkmäler durch dafür aus-

gebildete Altertumsforscher zugänglich zu machen, um sie vor der endgültigen

Zerstörung durch die landwirtschaftliche Bewirtschaftung zu bewahren.

Die Ergebnisse seiner Ausgrabungen legte er in zahlreichen Veröffentlichungen

und Berichten vor. Sein Hauptwerk „Excavations in Cranborne Chase“ (4 Bde.)

veröffentlichte er im Selbstverlag. Es enthält detaillierte Pläne, Zeichnungen, z. T.

koloriert, und Tabellen mit anthropologischen Messergebnissen.

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Eine „Rettungsgrabung“ beschreibt schon Karl Wilhelmi (1786-1857) in seiner „Beschreibung der

vierzehn alten deutschen Todtenhügel“, in den Jahren 1827 und 1828 bei Sinsheim.“

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Ausdrücklich weist der General darauf hin, dass seine Veröffentlichungen nicht für die Allgemein-

heit, sondern für den Kreis der Fachleute verfasst seien.