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bisheriges Urteil daraus „möglicherweise noch habe berichtigen oder ergänzen

können“. Da er den Goldschatz ja kaum gesehen habe, habe er im Vortrag sich

„jeder Meinung ausdrücklich enthalten“. Er ersucht Schliemann, „im Interesse

der Sache und unseres persönlichen guten Einvernehmens, das durch mich nie

gestört werden soll, wenn Sie bei etwaiger Polemik auf Grund jenes Triestiner

Zeitungsartikels (den ich nicht kenne) vorläufig zur Sicherheit sich nur an den

Zeitungsreferenten hielten; nachher, wenn meine Ansicht gedruckt Ihnen vorliegt,

stehe ich Ihnen Rede und Antwort.“ Conze räumt im Schlusssatz ein, mit Schlie-

mann nicht ganz übereinzustimmen, aber selbst wenn das so bliebe, so mögen sie

„doch als ritterliche Kämpfer uns darum persönlich so gut zu stehen hoffentlich

fortfahren können“. Conze will also keine Feindschaft mit Schliemann aufgrund

wissenschaftlicher Differenzen zu Troja und ist ganz offensichtlich sehr um das

weitere gute Einvernehmen mit ihm bemüht.

Auf diesen Brief Conzes bezieht sich das Schreiben Schliemanns aus Athen an

seinen Verleger Brockhaus vom 27. Dezember 1873

26

: „Professor Conze schreibt

mir soeben einen langen Brief und scheint der Meinung zu sein, daß es besser ist,

in Zukunft keinen Kampf mit mir vor dem großen Publikum aufzunehmen, ehe er

es nicht versucht hat sich über widerstreitende Punkte brieflich mit mir zu einigen.

Ich bitte Sie daher gefl[issentlich?] Nota zu nehmen, daß diesem Ruhestörer, Pro-

fessor A. Conze, Wieden Sophiengasse Nr. 3 in Wien, ein Exemplar des deutschen

Textes nebst Atlas zu senden ist.“

Schliemanns Aktivitäten zu beobachten, hatte Conze freilich schon lange vor dem

Beginn des Briefwechsels mit ihm begonnen, und er hat sich dazu Aufzeichnun-

gen gemacht, wie auf einem Blatt in einem seiner österreichischen Notizbücher zu

sehen ist (Abb. 3)

27

. Er macht sich Notizen zu einem Beitrag in der Augsburger

Allgemeinen Zeitung

28

. Es geht natürlich um Schliemanns Troja-Grabung, und

schon hier ist ein leiser Unterton in Bezug auf die Funde auszumachen – „Er nennt

das einen ‚Beweis‘, daß hier die Pergamos des Priamos gestanden habe, welches

unmöglich bei Bunarbaschi gelegen haben könne“, so Conze. Er war demnach

anfangs skeptisch, was Schliemann und die Identifizierung Trojas betraf.

Aber kehren wir wieder in das Jahr 1873 zurück.

Dass Schliemann zu Alexander Conze anderwärts scharfe Worte finden konnte,

zeigt ein privater Brief von ihm aus dem Dezember 1873 an seine Geschwister,

26

Meyer 1936, S. 140.

27

Berlin, Archiv des Deutschen Archäologischen Instituts, Nachlass Alexander Conze, Abt. B Nr. 112.

28

Augsburger Allgemeine Zeitung, 24. Mai 1870, Beilage Nr. 144.