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tersuchungen nehmen, wie der große Architekt Semper z. B., daß sie leider nicht
mehr in den Saal dringen konnten, weil auch der Vorraum schon über halb gefüllt
war. Ich schreibe Ihnen das, um Ihnen den befriedigenden Beweis zu liefern, daß
Sie, auch was Wien angeht, nicht umsonst gearbeitet haben, daß ferner Wien es
wohl verdienen dürfte, daß Sie ein Ansuchen, das ich stellen möchte, wenigstens
erwägen möchten.“ Und dann tritt Conze an Schliemann heran, in Wien „eine
öffentliche Ausstellung der sämmtlichen zu dem Schatze gehörigen Gegenstände“
zu ermöglichen. Es geht um den Goldschatz, den Conze im Österreichischen Mu-
seum für Kunst und Industrie ausgestellt sehen wollte.
Conzes Vortrag bewirkte naturgemäß großes Medienecho, wie zum Beispiel in
einem über drei Spalten laufenden Text in der Tageszeitung
Die Presse
vom 15.
November 1873
23
.
Schliemanns Antwort auf den vorigen Brief Conzes erfolgt am 30. November
1873
24
. Kurz, er würde den freundlichen Vorschlag „mit vielem Vergnügen“ an-
nehmen, wenn er dadurch der Wissenschaft einen Dienst erweisen könnte. Das
sieht Schliemann insofern als nicht gegeben an, wenn nicht seine ganze übrige
trojanische Sammlung mitkäme, und das sei auf Grund der Quantität unmöglich.
Schliemann spricht von 25.000 Gegenständen. Er beklagt die ungeheure Bela-
stung, welche der Schatz für ihn darstelle, da er ständig Angst vor Dieben habe.
Eine Vereinbarung mit der griechischen Regierung sei nicht zu Stande gekommen.
Auch an einen Transfer nach Italien habe er gedacht, auch dort plante er Grabun-
gen.
Conze antwortet ihm am 14. Dezember 1873
25
und bedauert Schliemanns ab-
schlägige Entscheidung, den Goldschatz nicht nach Wien zu bringen. Dann aber
kommt Conze sogleich auf Schliemanns Missfallen zu sprechen, das ein Artikel
über Conzes Wiener Vortrag in einer Triester Zeitung erregt habe, was ihm, Con-
ze, von einem athenischen Freunde zugetragen worden sei, „aber keines griechi-
schen Gelehrten“, wie er einräumt. Und Conze spricht Schliemanns Absicht einer
Entgegnung in der Augsburger Allgemeinen Zeitung an. Conze bekräftigt, nicht
zu wissen, was der Triestiner Zeitungskorrespondent aus seinem Vortrag gemacht
habe und könne dafür keine Verantwortung übernehmen, und er hoffe, Schliemann
werde ihm in seiner Entgegnung „nicht ohne Weiteres eine solche Verantwortung
zuschieben“. Er würde seine Meinung „rückhaltlos irgendwie gedruckt ausspre-
chen“, dies allerdings erst dann, wenn Schliemanns Werk vorliege und er sein
23
Die Presse, 26. Jahrgang, Nr. 314, 15. November 1873, Local-Anzeiger S. 8.
24
Meyer 1953, S. 242f.
25
Gennadius Library, Schliemann Papers, Box 68, No. 353.