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„Sie können leben wie Gott in Frankreich” - Der Brief-
wechsel Heinrich Schliemanns mit dem Warener Kauf-
mann J. H. Bahlmann
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Wilfried Bölke
Der Tod seines um ein Jahr jüngeren Bruders Ludwig, der sein Glück als Gold-
gräber in Kalifornien gesucht hatte und am 21. 5. 1850 im Alter von nicht einmal
27 Jahren in Sacramento plötzlich verstorben war, veranlasste Heinrich Schlie-
mann am 10. Dezember 1850 in St. Petersburg, seine erste Reise nach Amerika
zu unternehmen. Er war zu diesem Zeitpunkt 28 Jahre alt, hatte drei Jahre zuvor
in der russischen Hauptstadt sein eigenes Handelshaus eröffnet und war inner-
halb kurzer Zeit zu einem erfolgreichen Kauf- und Geschäftsmann aufgestiegen.
Nachdem er glaubte, das Grab seines Bruders aufgefunden zu haben und dessen
Hinterlassenschaften geregelt hatte, sah er sich im Lande des Goldrausches um
und gründete bereits kurze Zeit später im kalifornischen Sacramento in Zusam-
menarbeit mit Rothschild eine Goldgräberbank. Mit ihr verdoppelte er innerhalb
von zehn Monaten sein bereits ansehnliches Vermögen. Das für Schliemann un-
gesunde Klima sowie schwerwiegende Differenzen mit einem Geschäftspartner
zwangen ihn im Sommer 1852 zur Rückkehr nach St. Petersburg. Am 23. Juli
1852 traf Heinrich Schliemann, mit dem Dampfer ,,John Bull“ von London kom-
mend, in Hamburg ein. Nach seiner Auswanderung Ende 1841 als Neunzehnjäh-
riger hatte er seine mecklenburgische Heimat nicht mehr wieder gesehen. Vor
seiner Rückkehr nach Russland wollte er dort zuvor Verwandte, Bekannte und
Freunde aufsuchen.
Schliemann reiste von Hamburg sofort über Schwerin nach Rostock weiter. Auf
dem Bützower Bahnhof traf er mit zwei seiner Schwestern zusammen, die auf
der Reise nach Rügen waren. Über Wismar und Grevesmühlen fuhr Schliemann
nach Kalkhorst, um seinen Onkel, den Pastor Friedrich Schliemann, zu besu-
chen. Von dessen Familie war er nach dem frühen Tode seiner Mutter im Jah-
re 1831 als Neunjähriger aufgenommen worden, und hier hatte er sich auf den
höheren Schulbesuch in Neustrelitz vorbereitet. Er blieb ein paar Tage bei ihm
und fuhr dann weiter nach Rostock, um einen alten Freund in Doberan und sei-
nen Vetter, den Rechtsanwalt Adolph Schliemann in Güstrow, zu besuchen. Am
nächsten Tage begab er sich über Boltenhagen, Wismar, Schwerin, Ludwigslust,
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Der Vortrag wurde vom Autor am 18. Februar 2005 im Rahmen der „Abendvorträge im Heinrich-
Schliemann-Museum“ gehalten.




