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Lehrherr Hans Theodor Hückstädt in Fürstenberg, der Kinkel bei dessen Flucht

aus Mecklenburg unterstützt haben soll. Ihnen hat Schliemann stets ein ehrendes

Gedenken bewahrt.

Der kurzzeitige, nur einige Stunden währende Besuch Heinrich Schliemanns in

Waren löste einen intensiven Briefwechsel zwischen beiden aus, der über ein

Jahrzehnt andauerte und der besonders von Bahlmann sehr ernst genommen wur-

de. Der Zeitraum des Briefwechsels umfasst die Jahre 1853 bis 1864, die Periode

der erfolgreichen Kaufmannstätigkeit Schliemanns im zaristischen Russland. Es

ist aber auch die Zeit, während der er wegen seiner unglücklichen russischen Ehe

in eine Lebenskrise gerät und nach einem neuen Lebensinhalt sucht.

Der erhalten gebliebene Briefwechsel beginnt am 10. April 1853 mit einem Brief

Bahlmanns an Schliemann in St. Petersburg. Es ist aber offenbar nicht der erste

Brief, der zwischen beiden ausgetauscht wurde, denn Bahlmann bezieht sich zu

Beginn des Briefes auf ein Schreiben von Schliemann an ihn vom 13. Januar

1853. Es ist zu vermuten, dass der Briefwechsel bereits unmittelbar nach dem

Besuch in Waren eingesetzt hatte. Schon nach dem Lesen der ersten Briefe wird

deutlich, dass er im Interesse beider Partner lag. Der Briefwechsel belebt sich

von Jahr zu Jahr und ist im Jahre 1858 besonders intensiv (Abb.4), ab 1861 ebbt

er spürbar ab.

Schon die Anrede Bahlmanns, zu Beginn noch „Geehrter Herr und Freund“,

bald aber zu „Mein hochverehrter Freund“ und „Mein sehr geschätzter Freund“

wechselnd, macht deutlich, dass zwischen Bahlmann und Schliemann ein gewis-

ses Vertrauensverhältnis bestanden haben muss, was durch den Inhalt der Briefe

durchaus bestätigt wird. Die Antwortbriefe wurden von Schliemann in St. Peters-

burg geschrieben, mit der Ausnahme eines Briefes, den er an Bahlmann von der

Messe in Nischnij Nowgorod absandte.

Bahlmann bewundert Schliemann wegen seines ungewöhnlichen Werdeganges

und seiner kaufmännischen Erfolge und fordert ihn immer wieder auf, ihm aus-

führlich von seiner geschäftlichen Tätigkeit und seinen Reisen zu berichten, da

ihm Schliemanns Erzählungen und Briefe „so großen Genuß“ bereiten würden

...

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Am 5. 10. 1855 schreibt er an Schliemann: „Freund, welcher Wechsel – vom

Fürstenberger Lehrling zum hilflosen Schiffsbrüchigen im Meer auf einer Plan-

ke schwimmend u. an fremden Strand angetrieben aller Mittel baarer Jüngling

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Bahlmann, Brief vom 5. 8.1856, Gennadius Library (GL), Serie B, Box 28, Folder 4.