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sich mit einer deutlich gesunkenen Publikationstätigkeit seit 1992 belegen.
12
Zum
anderen wandte sich die Forschung ab 1992 wieder vermehrt Troia zu. Damals
gab das Moskauer
Puschkin Museum
bekannt, dass sich der nach dem Zweiten
Weltkrieg verschollene „Schatz des Priamos“ seit 1945 in einem Geheimdepot
seines Museums befand. Darüber hinaus wurden bereits 1988 auf dem – gern
als „Schicksalsberg der Archäologie“
13
umschriebenen – Siedlungshügel die Gra-
bungen unter der Leitung des Tübinger Prähistorikers Manfred Korfmann wie-
der aufgenommen. Das Forschungsinteresse galt somit zunehmend den neu- und
wiederentdeckten Funden in Troia.
Neue Perspektiven für die Schliemannforschung
Während es also nach den großen Konferenzen in den vergangenen rund zwan-
zig Jahren deutlich ruhiger um Schliemann geworden war, rückte nunmehr die
Debatte um die Deutung Troias, die besonders seit 2001 im sogenannten „Neuen
Kampf um Troia“ aufflammte, in den Vordergrund. Sie dominiert die heutige
Diskussion.
14
Zu Schliemann hingegen, so hat man den Eindruck, scheint alles
gesagt.
Im Folgenden möchte ich einige potentielle Forschungsfelder kurz vorstellen, die
einer Analyse harren, aber neue Erkenntnisse zu Schliemann und seinem zeitge-
nössischen Umfeld erwarten lassen.
Bis heute ist die Edition der im Schliemann-Nachlass in Athen aufbewahrten
Zeugnisse mangelhaft. Lediglich ein Bruchteil liegt in transkribierter und ge-
druckter Form vor, und davon genügt wiederum nur ein geringer Anteil edito-
rischen und damit auch wissenschaftlichen Ansprüchen.
15
Gerade die von Ernst
Meyer (1936; 1953; 1958) herausgegebenen Briefe, die lange Zeit die einzige
12
Selbstverständlich handelt es sich um ein relativ pauschales Urteil. Kleinere Kolloquiumsbände
erschienen etwa in der vom Heinrich-Schliemann Museum in Ankershagen herausgegebenen
Reihe
Mitteilungen aus dem Heinrich-Schliemann-Museum Ankershagen
; 1997 veröffentlichte
Justus Cobet eine kurze Schliemann-Biographie in der Reihe
C. H. Beck Wissen
; Schliemanns
Beziehung zu Frank Calvert wurde ebenfalls monographisch aufgearbeitet (z. B. Allen 1999).
Intensive Auseinandersetzungen mit Schliemann in renommierten deutschsprachigen wie auch
englischsprachigen altertumswissenschaftlichen Zeitschriften, wie man sie zwischen den Jahren
von 1972 bis etwa 1992 findet, sucht man hingegen vergeblich.
13
Beispielsweise Michael Siebler in der
Frankfurter Allgemeinen Zeitung
Nr. 224, 1988.
14
Siehe etwa die Sammelbände von Ulf (2004), Korfmann (2006) und Zimmermann (2006) mit
weiterer Literatur sowie die Monographie von Kolb (2010) und dazu die Rezension von Jablonka
(2011).
15
Vorbildlich ist etwa die Edition der von Zavadil (2009) herausgegebenen Briefe.




