Seite 82 Informationsblatt 32 Dezember 2020
Beiträge und Berichte
Seite 2 des Briefes
Ein weiterer Bittstellerbrief an Heinrich Schliemann
(5. Folge)
Vorgestellt von Dr. Wilfried Bölke
In dem umfangreichen Briefnachlass von Heinrich Schlie-
mann, von ihm zu Lebzeiten gesammelt und heute in der
Gennadius Library Athen und im Heinrich-Schliemann-
Museum Ankershagen aufbewahrt, befinden sich auch zum
Teil sehr kuriose Bittstellerbriefe. Diese haben zwar für die
Schliemannforschung keine Bedeutung, zeugen aber von der
großen Popularität Schliemanns und seiner Ausgrabungen in
der Welt und regen den Leser zum Schmunzeln an. Deshalb
habe ich für das diesjährige Informationsblatt einen fünften
Bittstellerbrief herausgesucht, der Schliemann im Jahre 1883
zum zweiten Mal von einem hartnäckigen Bittsteller aus Ös-
terreich erreichte. Ob dieser nun reagiert hat?
Transkription des Briefes
Brünn, Mähren, Oesterreich
Johannesgasse 7.
am 5. 3. 83.
Euer Wo(h)lgeboren!
Nur in der Voraussetzung, daß mein im ver-
flossenen Jahre mit gleicher Bitte an Sie gerichtetes
Schreiben verloren sein mögte, wage ich es heute zum
zweiten Male an Sie mit dem Ersuchen heranzutreten,
meinem sehnlichen Wunsche gütigst zu willfahren.
Seit dem Jahre 1859 habe ich mir eine Sammlung
Autografe(n) berühmter Männer u. Frauen, auf dem
Gebiete der Kunst gewissenhaft angelegt u. mit gerin-
gen Ausnahmen zieren dieselbe(n) die Handschriften
der hervorragendsten Gelehrten Dichter u. Künstler
aller Fachgebiete.
Daß ich nun seit Jahren den Wunsch hege, auch Ihr
Autograf und Bild zu besitzen, da ohne dieselbe(n)
meine Sammlung unvollständig ist, werden Sie gewiß
glauben u. in Würdigung dieser Thatsache, sich viel-
leicht geneigt finden lassen, meiner ergebenen Bitte,
beiliegendes Blatt mit einigen Widmungsworten u.
Ihrer verehrten Unterschrift (zu) versehen, auszu-
füllen, Gehör geben, - Sollte es der glückliche Zufall
fügen, daß Sie etwa noch im Besitze einer Visitkar-
tenformat-fotografie von Ihnen sind, u. meine Bitte
um Beifügung derselben, nicht schon über Gebühr ge-
wagt finden, dann machen Sie zu doppeltem Danke
verpflichtet, Ihren Sie längst bewundernden u. hoch-
schätzenden
Wilhelm G. (der weitere Name ist nicht lesbar)
Schriftsteller
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