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Informationsblatt 32 Dezember 2020
Beiträge und Berichte
ne Insel. […] Ich ging entlang der Küste, wo Ruinen, Artefakte
und alte Mauern auftauchen, das Küstenviertel [wahrscheinlich
das heutige als „Magon-Viertel“] und die Ruinen des Amphi-
theaters, die ich sehr liebte […]. Das Schönste in Karthago sind
[S. 14]
die großen Zisternen, von denen sieben, die modern
erscheinen, erhalten sind; darüber befinden sich kreisförmige
Löcher zum Wasserziehen [die Zisternen von La Malga] (Abb.
19). Nachdem ich im Meer gebadet hatte, näherte ich mich den
Leuten und fragte, ob sie irgendwelche alten Münzen hätten.
Einer von ihnen zeigte mir einige rostige und abgenutzte Mün-
zen, die ich aber nicht kaufte. Aber einer der Leute entdeckte in
diesem Moment einen Stein, auf dem sich eine gut lesbare In-
schrift befand, die ich für einen Rial erwarb. An der Küste gibt
es eine moderne Festung mit rostigen Kanonen.
In der Nach-
barschaft konnten wir die Fundamente einiger alter Gebäude
sehen. Ich war so müde, dass ich aber nichts mehr sehen wollte.
Ich nahm die Kutsche und fuhr in das Dorf Sidi Bou Said. Ich
war sehr durstig und trank Milch aus einem Tonkrug
.
Das Hotel
war schmutzig, und ich musste einen Rial für das bezahlen, was
ich getrunken habe. Auf dem Weg nach Tunis fand ich eine alte
Zisterne, von der große Überreste [diejenige von Dar Sanièt?]
überdauert haben.
[E.S.]
Tunis 4. Juni
Ich ging mit dem Diener des Konsuls und Herrn Ewans - den
Erlanger aus Paris mir empfohlen hatte - zum Bardo, um den
Gerichtssaal [auf Arabisch der „Mahkama“- Saal] zu besuchen,
in dem der Bey dreimal pro Woche Beschwerden annimmt und
Streitigkeiten löst. Der Eintritt des Beys wurde von einer ritu-
ellen Prozession begleitet. Er stützte sich auf ein langes Zepter
und Khaznadar ging an seiner Seite. Hinter ihnen die hohen
Würdenträger des Palastes. Die Prozession wurde zuerst von
einem Trommelwirbel und dann von Musik begleitet, die un-
gefähr eine Stunde dauerte. Der Bey saß auf dem Thron. Links
war Khaznadar und rechts sein Bruder. Der Bey trug eine fran-
zösische Uniform, einen Fez auf demKopf, auf der Brust und auf
der Seite befand sich ein sternförmiges Wappen mit Diamanten.
An seiner Seite waren die Sekretäre in zwei Reihen aufgeteilt,
während die Notare neben ihm saßen. Der Hof des Palastes war
voller Menschenmassen und nacheinander machten sie ihre An-
schuldigungen. Der Bey zeigte durch die Geschwindigkeit seiner
Abb. 18 – Die Stadt Karthago in punischer Zeit mit dem großen kreisförmigen Hafen („koton“)
Abb. 19 – Karthago, die riesigen Zisternen von La Malga, jetzt voll-
ständig ans Licht gebracht (Foto von Salah Jabeur)