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Seite 55

Informationsblatt 31 Februar 2020

Beiträge und Berichte

Bemerkungen zu den weiteren Gesichtsurnen:

2) -10) werden beschrieben, dabei handelt es sich um Ur-

nen mit oder ohne Augen, Mund und bronzenen oder

eisernen Ringen. Bei Nr. 3) sind Nase und Mund, aber

keine Augen vorhanden, die Ohren weisen zwei Lö-

cher auf, in denen bronzene Ohrringe mit Bernstein-

perlen vorhanden sind. Im Inneren der Urne wurde

eine eiserne Brustnadel gefunden.

11)

Bemerkenswert findet Schliemann eine Urne mit Fal-

kenschnabel und großen Ohren, jedes mit drei Ohrrin-

gen, die mit braunen und blauen Glasperlen verziert

sind. Diese Urne und ihr Deckel sind ganz und gar mit

Ornamenten verziert. Von den Berliner Exemplaren

erwähnt Schliemann Urnen mit spiralförmigen Span-

gen und Tieren in „Linearzeichnung“, wie er sie auch

auf trojanischen Spinnwirteln antrifft.

Virchow, dem Schliemann die deutsche Ausgabe von „Ilios“

gewidmet hat, schrieb das Vorwort zu diesem Werk und macht

darauf aufmerksam, dass er Schliemanns Auffassung vom Eu-

lengesicht nicht teilt.

Er stellt fest, dass er eine große Ähnlichkeit mit den pomme-

rellischen Gesichtsurnen erkennt und die Gesichtsbildung, als

auch die „Brüste“ als menschlich erkennt. Er weist aber darauf

hin, dass die trojanischen Gefäße ein wesentlich höheres Alter

aufweisen, als es die Gesichtsurnen der Pommerellen haben.

Ansonsten habe er keine Einwände zur Auffassung Schlie-

manns in Bezug auf die „γλαυχώπίς“ zu machen.

Carl Schuchhard und sein Urteil

1891 äußert sich Carl Schuchhard in der zweiten Auflage seines

Buches „Die Ausgrabungen Schliemanns in Troja, Tiryns, My-

kenä, Orchomenos und Ithaka“ sehr kritisch zu den „Eulenva-

sen“. Er weist die wahrscheinliche Entwicklung dieser anthro-

pomorphen Gefäße auf und zeigt deutlich darauf hin, worum es

sich dabei handeln dürfte:

„Zu den interessantesten Funden gehören aber die Thongefäße

und vor allem die Gesichtsvasen. (Abb. 8)

Es zeugt von einem sehr anerkennenswerthen Streben nach

Beseelung der todten Form, dem A und O aller Kunstübung,

daß die Gefäße im Laufe ihrer Entwicklung immer menschen-

ähnlicher gestaltet wurden. Zunächst werden Auge und Nase

eingeritzt, dann plastisch angesetzt; bald werden auch ein paar

Ohren hinzugefügt, der Deckel erscheint als Hut oder Zipfel-

mütze, und die ursprünglich nur als Stütze beim Kippen des

Kruges oder als Halt für den beim Tragen umgelegten Strick

dienenden Vorsprünge nehmen die Form weiblicher Brüste an;

ja zuletzt geht die Belebung so weit, daß die Gefäße Arme be-

kommen und man ihnen in diesen Armen gar noch ein zweites

Gefäß zu tragen (Abb. 9) gibt. ... Es ist deshalb auch nicht dar-

Abb. 8 – „Eulenvase“ aus Schliemann „Atlas trojanischer Alterthümer“

Abb. 9 – Gefäß tragende „Eulenvase“ in Schliemann 1881