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Seite 46 Informationsblatt 29 April 2018

Beiträge und Berichte

zwei Jahre nach dem Besuch bei Schliemanns erschienen ist.

Die Reiseschilderung beginnt dramatisch im von der Cholera

heimgesuchten Süditalien, von wo Centerwall auf krummen

Umwegen – aufgrund von Quarantänevorschriften – schließlich

nach Griechenland und Athen kommt: „Bald kommt man aus

dem Olivenhain heraus. Dann geht man um einen Hügel herum,

und auf einmal wird ein Bild entrollt, das allein die Mühe einer

Reise nach Griechenland lohnt. … hier war ich wirklich ergrif-

fen. Voraus liegt der Burghügel der Akropolis mit seinen cha-

rakteristisch schroff behauenen Felswänden, nunmehr jedoch

etwas abfallend wegen all dem Schutt nach den Ausgrabungen,

der gegen sie angehäuft wurde. Doch kommt gerade hier die

eigentümliche Schönheit des Felsens zu ihrer richtigen Geltung

und wird noch mehr bei dem Gedanken gesteigert, dass man

hier die Stelle vor sich hat, an welcher der abendländische Geist

zum ersten Mal offenbarte, was er vermochte, dass man hier

den Mittelpunkt der Stadt erblickt, die das Jerusalem der allge-

meinen Kultur ist.“

Nach seinem Aufenthalt in Athen und mehreren Rundreisen

durch Griechenland, unter anderem mit dem deutschen Archäo-

logen Dörpfeld, reist Centerwall über das Ägäische Meer nach

Smyrna, Sardis und Ephesos. Von dort nimmt er das Schiff nach

Konstantinopel: „Und die Sonne geht wieder auf und beleuch-

tet das Schönste, was ein Auge erblicken kann, Konstantinopels

glitzerndes Wasser, dicht belaubte Höhen, schimmernde Mina-

rette, dunkle Mauern aus alter Zeit, weißglänzende Paläste und

bunte Häuser in dunklem Grün.“

Julius Ebbe Centerwall (1844-1923) war eine vielseitige Per-

son. Nach seiner Studienzeit in Uppsala, wo er 1869 zum Dr.

phil. promoviert wurde, trat er 1874 seinen Dienst als Rektor

der Oberschule in Söderhamn an; 1887 war er außerdem an

der Gründung einer Mädchenschule des Arbeiterinstituts von

Söderhamn beteiligt. Während dieser Zeit unternahm er seine

weiten Reisen in die Welt des Mittelmeers, die später veröffent-

licht wurden. Centerwalls literarische Tätigkeit trat in seiner

späteren Zeit in Söderhamn in gewissem Umfang hinter seinem

politischen Engagement zurück. Dennoch war Centerwall auch

weiterhin ein fleißiger Schriftsteller und Vortragsredner. Seine

am meisten bleibenden Texte sind vermutlich die vielen Beiträ-

ge zur zweiten Auflage des

Nordisk Familjebok

[= Nordisches

Familienbuch, Anm. d. Ü.], der sogenannten

Uggleuplagan

[=

Eulenausgabe, Anm. d. Ü.].

Alles in allem erscheint Centerwall mit seinen verschiedenen

Interessen in Politik, Populärwissenschaft und „Medien“, neben

dem Akademischen, als eine zeittypische Kulturpersönlichkeit.

Er repräsentiert auch einen Typ des „Kulturarbeiters“, der in der

Gesellschaft sehr verbreitet war, nicht zuletzt im Schulwesen.

Persönlichkeiten wie Centerwall haben vermutlich die Sicht ih-

rer Zeitgenossen und ihrer Nachwelt auf die Kulturen der An-

tike mehr geprägt als die akademischen Institutionen und die

eigentlichen Forscher. Ein späterer Interpret seines Charakters

merkt an, dass das „Studentische“ ein Zug war, den er sein Le-

ben lang behielt, und dass Centerwall „die großartige Fähig-

keit hatte, Freunde zu gewinnen und Spaß und Freude um sich

herum zu verbreiten. … Eleganz, Lebhaftigkeit und Höflich-

keit waren Züge, die eine ihm nahestehende Person in einem

Nachruf als für ihn besonders charakteristisch angegeben hat.“

Es war vielleicht recht passend, dass sie sich getroffen haben,

der weltberühmte Multimillionär und der unauffällige schwedi-

sche Schulmeister.

Dr. phil. Ragnar Hedlund,

Universität Uppsala