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die große historische Bedeutung Wodenas

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während der makedonischen Herr-

schaft, hebt aber auch die geologischen und botanischen Besonderheiten des Ge-

bietes hervor. Der Tonfall innerhalb dieser Aufsätze ist nationalistisch; zwar wird

die türkische Herrschaft über das Gebiet anerkannt und das Osmanische Reich

nicht in Frage gestellt, aber Struck äußert mehrfach Kritik an der fehlgeleiteten

Verwaltung und der daraus resultierenden Misswirtschaft in den Bereichen Ver-

kehr, Bergbau und Landwirtschaft.

Die Begeisterung für die Antike und auch die damit verbundene laienwissen-

schaftliche Auseinandersetzung sind zeittypisch und wurden durch bedeutende ar-

chäologische Entdeckungen befeuert. Struck hielt sich als Jugendlicher einer zur

gesellschaftlichen Elite gehörenden Familie zu der Zeit in Berlin auf, als Schlie-

manns „Schatz des Priamos“ sowohl die Zeitungen beschäftigte als auch tatsäch-

lich in Berlin ausgestellt war.

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Auch andere archäologische Entdeckungen fanden

ihren Weg in die Presse und genossen breite Aufmerksamkeit, wie beispielsweise

Carl Humanns Entdeckung des Pergamonaltars. Zudem war Strucks Vater Ordent-

liches Mitglied der Berliner Gesellschaft für Anthropologie, Ethnologie und Ur-

geschichte, der von Schliemanns Vertrauten Rudolf Virchow gegründeten Vereini-

gung zur Vermittlung neuer Erkenntnisse an die breite Öffentlichkeit.

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Von Struck ist nicht bekannt, ob er sich bereits in diesem Alter für Altertümer

begeisterte. Aber unmittelbar nach seiner Rückkehr nach Thessaloniki scheint er

von Johann Heinrich Mordtmann zum altertumswissenschaftlichen Privatstudium

angehalten worden zu sein.

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Mordtmann war als deutscher Konsul die diplomati-

sche Vertretung des Deutschen Reichs in Thessaloniki, später auch in Konstanti-

nopel und Smyrna

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und selbst ein passionierter Altertumsforscher, wie zahlreiche

Publikationen zu Inschriften

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und seine spätere Lehrtätigkeit in Konstantinopel

und Berlin

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belegen. Dabei forschte er jedoch eher auf dem Gebiet der Orientalis-

tik. Durch seine berufliche Position bedingt, verkehrte Mordtmann in den höheren

Kreisen dieser Städte, in denen vergleichbar zu Thessaloniki eine in sich geschlos-

sene deutsche Community existierte. Viele dieser im osmanischen Reich tätigen

Deutschen waren oft aufgrund beruflicher Aussichten in das Land gekommen und

38

Struck 1899b, S. 299 geht davon aus, dass Wodena mit dem makedonischen Aigai gleichgesetzt

werden kann.

39

Goldmann 1993, S. 13-15.

40

S. Anm. 11.

41

Grothe 1912, S. VII.

42

Fuhrmann 2003, Abs. 41-45. Mordtmanns politische Haltung ist stark nationalistisch, teilweise

sogar rassistisch geprägt.

43

Bibliographie Mordtmanns bei Brunau 1925, S. 24-26 und Babinger 1933, S. 7-16.

44

Majer 1997, S. 93 f.