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Pitt Rivers – einer der Väter der britischen Archäologie

Rainer Hilse

„Wie kommst du auf den alten General“, fragte Wout Arentzen

1

, als ich ihm mit-

teilte, ich wolle mich mit Pitt Rivers anlässlich unseres Kolloquiums beschäftigen.

Eigentlich spielte dabei der Zufall eine erhebliche Rolle, denn über seine Existenz,

geschweige denn über seine außerordentlich interessante Biografie war mir nichts

bekannt. Als ich mich nach einem geeigneten Thema umsah, stieß ich auf John

Evans, den Vater von Arthur Evans, und auf John Lubbock, und in deren Berichten

wurde ich auf ihn aufmerksam. Zu ihnen hatte Pitt Rivers intensive Kontakte.

2

Um es vorweg zu nehmen, glaubte ich natürlich hier wieder auf eine kleine Episo-

de im Zusammenhang mit Schliemann zu stoßen, aber dies war eine Fehlanzeige.

Wie Schliemann und andere Persönlichkeiten seiner Zeit war Pitt Rivers Autodi-

dakt und bereit, einen Teil seines Vermögens für ethnologische, anthropologische

und archäologische Forschungen einzusetzen. Anders als bei Schliemann war es

bei ihm ererbt, und auf Grund seiner gesellschaftlichen Stellung war es für ihn im

viktorianischen England leichter, sich in den wichtigsten gelehrten Gesellschaften

zu etablieren. Dass er dabei seine Persönlichkeit und Forschungen in den Mittel-

punkt stellte, ist nicht nur dem Zeitgeist geschuldet, sondern auch heutige Realität.

Trotzdem gehört Pitt Rivers sicherlich zu Recht zu den außergewöhnlichen Per-

sonen des 19. Jahrhunderts, die in exzellenter Weise in der Wissenschaft, die wir

heute als Feldarchäologie bezeichnen, aber auch in der Ethnografie, Ethnologie

und Anthropologie Pionierarbeit leisteten.

Biografien liegen nur in englischer Sprache vor und deshalb kann es kaum ver-

wundern, dass meine Ausführungen eine sehr „britisch“ gefärbte Sichtweise wi-

derspiegeln. Allerdings sei auch darauf hingewiesen, dass sich die Bewertung vor

allem seiner archäologischen Tätigkeit durch das „Rethinking Pitt Rivers Projekt“

3

und der biografischen Arbeit von Bowden deutlich verändert hat. Es versteht sich

von selbst, dass ich hier nur in aller Kürze auf Leben und Werk eingehen kann.

Deshalb ist mein Beitrag als Anregung zu verstehen, sich mit seiner Person even-

1

Ich danke Wout Arentzen für seine umfangreiche Hilfe, die zahlreichen Hinweise, Berichtigungen

und „Denkanstöße“.

2

Auch Heinrich Schliemann stand mit diesen Persönlichkeiten in Kontakt.

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1995-1998 und 2009-2012