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Im Jahre 1775 veröffentlichte Giuseppe Ricci eine umfangreiche Studie über
Herodot und Homer. Darin steht auch eine Beschreibung von dem durch Pasch
van Krienen gefundenen Grab. Das zum Staub zerfallene Skelett brachte Ricci
aber zum Zweifeln. Wie konnte dies das Grab von Homer sein? Nach dessen Ver-
sen wurden die Toten in seiner Zeit immer verbrannt.
Wirklich bekannt scheint Pasch van Krienens Buch nördlich der Alpen nicht ge-
wesen zu sein. Als Choiseul-Goufier während seiner Reise durch Griechenland im
Jahre 1776 die Insel Ios besuchte, kannte er es nicht. Was das Grab von Homer
angeht, bezog er sich auf die Nachricht der
Gazette de France
. Er spricht von ei-
nem holländischen Offizier in russischen Diensten, der während eines Landganges
einige Inschriften mitgenommen hatte. Dieser Offizier hätte geglaubt, dass er das
Grab von Homer gefunden hat. Da man aber schon so lange nichts mehr darüber
gehört hatte, war es wahrscheinlich, dass er selbst schon verstanden hat, dass dies
nicht stimmen konnte.
In den Jahren 1785 bis 1786 reiste der dänische Theologe und Orientalist Friedrich
Münter durch Italien. In einer Fußnote gibt Münter seine Ansicht über Pasch van
Krienen wieder. Er wäre ein Betrüger, was man deutlich an den Inschriften erken-
nen kann, die dieser veröffentlicht hatte. Er wäre zudem ein schlechter Betrüger,
der sein Griechisch nicht ausreichend beherrscht, um eine Inschrift gut fälschen
zu können. Münter hatte während seines Aufenthalts in Italien mehrere Beispiele
von
den durch Pasch van Krienen angefertigten Fälschungen gesehen. Es gab z.
B. viele davon in der Sammlung des Kardinals Zelada in Rom. Man kann diese
Fälschungen
leicht erkennen, wenn man sie einmal gesehen hat. Alles ist aus der
gleichen Art Terrakotta gefertigt. Die griechischen Inschriften beweisen seine gro-
ße Unwissenheit. Sie unterscheiden sich von allen anderen dadurch, dass man sie
nicht lesen kann. Es ist bemerkenswert, dass Münter von Terrakotta-Inschriften
spricht, obwohl Pasch van Krienen in seinem Buch fast immer von Marmor-In-
schriften berichtet.
Im Jahre 1794 erschien Christian Gottlob Heynes Buch
Das vermeintliche Grab-
mal Homers
. Von Anfang an wird erkennbar, dass Heyne das Buch von Pasch van
Krienen nicht gelesen hatte und seine Aussagen auf einen Zeitungsbericht grün-
det. Er berichtet, dass „ein Graf Pasch von Krinen bey der russischen Flotte auf
der Insel Nio Homers Grabmal entdeckt“ hat. Er legt ihm hier, obwohl er für die
Russen arbeitete, einen türkischen Titel zu. Auch gibt es bei ihm wieder eine Feder
und ein Tintenfass. Für Heyne ist klar, dass die Geschichte von Pasch van Krienen
Unsinn ist. Was aber den Sarkophag betrifft, gäbe es vielleicht doch etwas Wahres
an der Erzählung. Obwohl Björnstahl den Eindruck hatte, dass die Funde nach
Berlin gehen würden, ist Heyne überzeugt, sie seien nach St. Petersburg verschickt