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Die „Familienerinnerungen“ (Abb.
2) seiner Mutter gab der Sohn
1893 heraus, allerdings mit der
Einschränkung, dass die Aufzeich-
nungen nur für Verwandte und alte
Freunde, jedoch nicht für weite
Kreise bestimmt sind.
2
Sein Vater Gustav Adolf Michaelis
(1798-1848) war ein heute noch
bekannter Gynäkologe. Insgesamt
hatte das Ehepaar sechs Kinder.
Von 1844 bis 1853 besuchte der
Junge das Gymnasium, die Kieler
Gelehrtenschule. Schon früh ist
er durch seinen Onkel Otto Jahn
(1813-1869) an die Antike heran-
geführt worden. Dieser wurde nach
dem Selbstmord des Vaters im Jah-
re 1848 – er warf sich in Lehrte vor
einen Zug, da er an medizinischen
Misserfolgen verzweifelte – zu
seinem „Ersatzvater“. Der heute
wohl eher noch in der Musikfor-
schung bekannte Otto Jahn (Abb. 3) war ein bedeutender Philologe, Archäologe
und Mozart-Biograph. Das 1862 erschienene Köchelverzeichnis ist ihm gewid-
met! Seine positive Einstellung zur archäologischen Forschung fand Mitte des
19. Jahrhunderts, gelinde gesagt, nicht einhellige Zustimmung. Sein ehemaliger
Schüler und Freund Theodor Mommsen (1817-1903) hatte im ersten Band seiner
„Römischen Geschichte“
3
im Zusammenhang mit der heute noch aktuellen Frage
nach der Herkunft der Etrusker recht abfällig über Archäologie gesprochen: „In-
des ist kaum eine Frage eifriger verhandelt worden als diese, mit jenem Grund-
satz der Archäologen vorzugsweise nach dem zu forschen, was weder wißbar
noch wissenswert ist, nach der Mutter der Hekabe, wie Kaiser Tiberius meinte.“
2
Michaelis 1988 (Nachdruck der Ausgabe von 1893), vor Seite VII: „Auch die entfernteren Ver-
wandten und die alten Freunde werden sich gern das Bild der Verstorbenen vergegenwärtigen und
um jenes Zweckes willen sich die Ausführlichkeit der Schilderung gefallen lassen. Für weitere
Kreise sind diese Aufzeichnungen nicht bestimmt. Die Besitzer des Büchleins werden daher ge-
beten es nur solchen Personen mitzutheilen, welche an dem Inhalt ein ernstes und berechtigtes
Interesse nehmen.“
3
Mommsen 1854, S. 119
Abb. 2 – Die Familienerinnerungen der Mutter
(Titel des Nachdrucks)