
26
Ludwig Ross wurde bei seinen Insel-
reisen auch von anderen Gelehrten
zeitweise begleitet. Dazu gehörte der
Geologe Karl Fiedler (1791–1853),
der von 1834–1837 ganz Griechenland
prospektierte und mit dem Ziel, för-
derungswürdige Ressourcen ausfindig
zu machen, eine erste umfangreiche
geologische Karte Griechenlands zu-
sammenstellte. Während seines Auf-
enthalts auf den Kykladen erwarb er
auf Naxos von der ansässigen Bevöl-
kerung drei Kykladenidole und eine
Marmorpalette, die alle aus Gräbern
bei Trymalia stammen sollen. 1840–41
publizierte er seine Ergebnisse in sei-
nem zweibändigen Werk „Reise durch
alle Theile des Königreiches Grie-
chenland“. Die vier Kykladika bildete
er im zweiten Band seines Buches ab
und beschrieb sie auch kurz (Abb. 5)
20
.
Ihm ist die Idee zu verdanken, die Ido-
le könnten liegende Personen meinen.
Die viereckige Palette deutete er auf-
grund der Eckdurchlochungen als Kultschwinge, in die das Idol gelegt wurde.
Kykladenidole Fiedler folgend als liegend zu deuten, ist bis heute eine Idee, die
immer wieder aufgegriffen wird, obgleich sie Zeugnis eines großen Missverständ-
nisses frühkykladischer Idolplastik ist. Ich lasse dies aber einfach durch Ludwig
Ross’ ironische Bemerkung zu Fiedlers anderen archäologischen Entdeckungen
kommentieren: „Dies undAehnliches sind wahre Perlen unter den Ergebnissen der
antiquarischen Forschungen des gelehrten Reisenden, und der Kranz, den er sich
daraus ums Haupt geschlungen, bleibt ihm unbeneidet“
21
.
Zu Ross’ Reisegefährten gehörte 1837 auch der Historiker George Finlay (1799–
1875). Auf Ios folgten beide zusammen mit dem Geographen Karl Ritter (1779–
1859) den Spuren Pasch van Krienens auf der Suche nach dem ominösen Homer-
grab. Dieses konnten sie nicht finden, aber sie bemerkten zahlreiche geplünderte
Gräber in der Nähe des vermeintlichen Ortes bei Plakotós. Von den Einheimischen
20
Fiedler 1841, 314 f. Taf. 2 Nr. 3 a–b. Taf. 5.
21
Ross 1843, VII.
Abb. 5 – Die sorgfältigen Umzeichnungen der
drei Idole, die K. Fiedler auf Naxos erwarb.
Heute befinden sich alle in der Staatlichen
Skulpturensammlung Dresden (Inv. Nr. H
443/445, H 443/446, H 443/447).