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Kultanlagen
Das Heiligtum der Athena Ilias
(Abb. 10, 11, 14):
28
Über
der Balkendecke der während VII a errichteten Brunnenfassung der Nord-
ostbastion war es
nach
der zur Zeit von VII b 2 erfolgten Aufgabe der Brunnen-
anlage er lange hin zur Anhäufung großer Abfallmengen gekommen, d. h. der
Raum
über
der Brunnenfassung hatte als Deponie gedient. Irgendwann waren
die Balkendecke und ein Teil der Brunnenfassung zusammengebrochen,
29
so dass
die Brunnenfassung mit einem
Versturz
(
7 b. c
) verfüllt wurde, auf dem sich die
hügelartig angehäuften Abfallschichten
4 a
und
4 b
als
Schichten 6
und
5
ablager-
ten. Dadurch war über der Brunnenfassung ein Hohlraum entstanden (
4b.a
, mit
gestrichelter Linie), den Dörpfeld noch angetroffen hatte. In dem Versturz und
der Schicht
6
wurden u. a. viele protogeometrische Scherben, darunter solche von
Catlings Gruppen I
und
III
(Abb. 1, 2, 3), gefunden.
30
Die Abfallmengen
über
und
neben
dem Hohlraum bestanden aus den Schichten
1 c
und
1 b
,
3 c
und
3 b
und
der Ablagerung von
Schnitt 2
. In ihnen hat man griechische Keramik gefunden,
darunter zahlreiche Fragmente der G 2/3-Ware. Außerdem enthielten sie sehr
viel Asche und Holzkohle und viele kleine Steine. Schon Dörpfeld hat die Asche
und Holzkohle als Rückstände von Opfern interpretiert, die im etwas oberhalb
der Bastion liegenden Heiligtum der Athena,
31
natürlich nicht in dem von ihm
freigelegten aus hellenistisch-römischer Zeit, sondern in den zu postulierenden
Vorgängeranlagen, der Göttin dargebracht wurden. Auf griechische Opferrituale
weisen auch die vielen kleinen Steine und die zahlreichen Fragmente von Am-
phoren/Kannen, Kesseln/Krateren und Trinkgefäßen hin. Erstere deuten auf das
Bewerfen von Opfertier und Altar mit kleinen Steinen, letzteres auf Trankspen-
den und Trinken beim Opfer hin. Da diese Rituale alle griechisch sind, die Ke-
ramik ebenfalls griechisch ist und die Opferhandlungen nur der durch und durch
griechischen Göttin Athena (mit dem Beinamen Ilias) gewidmet gewesen sein
können, weist der geschilderte Fundkomplex auf die jahrhundertelange Präsenz
von Griechen hin. Und weil die ältesten Gefäße der G 2/3-Ware aus den in Fra-
ge stehenden Abfallmengen, u. a. Exemplare einer frühen Becherform, um 900
oder im 9. Jh. einsetzten (Abb. 16, 8, 9, 11),
32
muß es schon damals Griechen auf
Hisarlık gegeben haben. Diese haben anscheinend schon zu dieser Zeit den Ort
beherrscht, denn der Heilige Bezirk der Athena lag an ganz prominenter Stelle,
28
Hertel 2003 (1), 91–138 Textabb. 1–6 Abb. 1–3; ders. 2008 (1), 88–108 Abb. 26 a. b; 27. 30. 31;
ders. 2008 (2), 94–108 Abb. 1–14.
29
Vgl. Hertel 2008 (2) Abb. 2 (S. 96).
30
Hertel 2008 (1), 93f. Abb. 35. 43; ders. 2008 (2), 117–119 Nr. 1. 2 Abb. 18, 14. 15; 20, 1. 2 Taf. 4, 1. 2.
31
Dörpfeld 1902, Taf. III. IX; Hertel 2004, Abb. 1 (S. 178).
32
Hertel 2008 (1), 94–98. 108 Abb. 44; ders. 2008 (2), 127 Nr. 8. 9. 11 Abb. 25, 8; 27, 3; Taf. 4, 7;
Abb. 25, 9; 26, 9; 25, 11; 26, 11.




