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18

Kultanlagen

Das Heiligtum der Athena Ilias

(Abb. 10, 11, 14):

28

Über

der Balkendecke der während VII a errichteten Brunnenfassung der Nord-

ostbastion war es

nach

der zur Zeit von VII b 2 erfolgten Aufgabe der Brunnen-

anlage er lange hin zur Anhäufung großer Abfallmengen gekommen, d. h. der

Raum

über

der Brunnenfassung hatte als Deponie gedient. Irgendwann waren

die Balkendecke und ein Teil der Brunnenfassung zusammengebrochen,

29

so dass

die Brunnenfassung mit einem

Versturz

(

7 b. c

) verfüllt wurde, auf dem sich die

hügelartig angehäuften Abfallschichten

4 a

und

4 b

als

Schichten 6

und

5

ablager-

ten. Dadurch war über der Brunnenfassung ein Hohlraum entstanden (

4b.a

, mit

gestrichelter Linie), den Dörpfeld noch angetroffen hatte. In dem Versturz und

der Schicht

6

wurden u. a. viele protogeometrische Scherben, darunter solche von

Catlings Gruppen I

und

III

(Abb. 1, 2, 3), gefunden.

30

Die Abfallmengen

über

und

neben

dem Hohlraum bestanden aus den Schichten

1 c

und

1 b

,

3 c

und

3 b

und

der Ablagerung von

Schnitt 2

. In ihnen hat man griechische Keramik gefunden,

darunter zahlreiche Fragmente der G 2/3-Ware. Außerdem enthielten sie sehr

viel Asche und Holzkohle und viele kleine Steine. Schon Dörpfeld hat die Asche

und Holzkohle als Rückstände von Opfern interpretiert, die im etwas oberhalb

der Bastion liegenden Heiligtum der Athena,

31

natürlich nicht in dem von ihm

freigelegten aus hellenistisch-römischer Zeit, sondern in den zu postulierenden

Vorgängeranlagen, der Göttin dargebracht wurden. Auf griechische Opferrituale

weisen auch die vielen kleinen Steine und die zahlreichen Fragmente von Am-

phoren/Kannen, Kesseln/Krateren und Trinkgefäßen hin. Erstere deuten auf das

Bewerfen von Opfertier und Altar mit kleinen Steinen, letzteres auf Trankspen-

den und Trinken beim Opfer hin. Da diese Rituale alle griechisch sind, die Ke-

ramik ebenfalls griechisch ist und die Opferhandlungen nur der durch und durch

griechischen Göttin Athena (mit dem Beinamen Ilias) gewidmet gewesen sein

können, weist der geschilderte Fundkomplex auf die jahrhundertelange Präsenz

von Griechen hin. Und weil die ältesten Gefäße der G 2/3-Ware aus den in Fra-

ge stehenden Abfallmengen, u. a. Exemplare einer frühen Becherform, um 900

oder im 9. Jh. einsetzten (Abb. 16, 8, 9, 11),

32

muß es schon damals Griechen auf

Hisarlık gegeben haben. Diese haben anscheinend schon zu dieser Zeit den Ort

beherrscht, denn der Heilige Bezirk der Athena lag an ganz prominenter Stelle,

28

Hertel 2003 (1), 91–138 Textabb. 1–6 Abb. 1–3; ders. 2008 (1), 88–108 Abb. 26 a. b; 27. 30. 31;

ders. 2008 (2), 94–108 Abb. 1–14.

29

Vgl. Hertel 2008 (2) Abb. 2 (S. 96).

30

Hertel 2008 (1), 93f. Abb. 35. 43; ders. 2008 (2), 117–119 Nr. 1. 2 Abb. 18, 14. 15; 20, 1. 2 Taf. 4, 1. 2.

31

Dörpfeld 1902, Taf. III. IX; Hertel 2004, Abb. 1 (S. 178).

32

Hertel 2008 (1), 94–98. 108 Abb. 44; ders. 2008 (2), 127 Nr. 8. 9. 11 Abb. 25, 8; 27, 3; Taf. 4, 7;

Abb. 25, 9; 26, 9; 25, 11; 26, 11.