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dass Schliemann während dieser Reise sparsam war.
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Spätere Biografen sind ihm
hierin gefolgt, wir können uns aber fragen, ob diese Ansicht richtig ist. Wie zum
Beispiel sollen wir Schliemanns Aussage deuten, dass er eine Fahrkarte für die
erste Klasse hatte, als er von Rouen nach Paris reiste. Wie sollen wir aus einer Sicht
der Sparsamkeit die hohen Trinkgelder erklären, die er sowohl in Paris als auch in
Brüssel gab? Wenn wir uns das ganze Reisejournal genau ansehen, können wir nur
zur Schlussfolgerung kommen, dass Sparsamkeit kein absolutes Merkmal für diese
Reise war.
Auch in Paris besuchte Schliemann wieder alle touristischen Attraktionen. Über
die ägyptische Sammlung bemerkt er, dass diese schöner ist, als das, was London
zu bieten hat. Details gibt er aber nicht. Er beschreibt nichts von dem, was er sieht.
Nur die Räume, worin das „Musée de la Marine“ untergebracht ist, hält er einer
detaillierten Beschreibung wert. Er ist begeistert von den Schiffsmodellen und den
Häfen, die dort gezeigt werden.
Auch hier ging er wieder jeden Abend ins Theater. Selbstverständlich besuchte er
„L’ Opera“. Schliemann war sehr beeindruckt von dem Gebäude, den Tänzern, den
Sängern und dem Bühnenbild. Er sah Rossinis „Wilhelm Tell“. Ob ihm das gefal-
len hat, erfahren wir aber nicht. Auch von den anderen Theaterstücken, die er sah,
wissen wir nicht, ob sie ihm gefallen haben oder nicht.
Es gibt nur eine Ausnahme. Er besuchte den berühmten Zauberer Robert Houdin
(1805-1871). Er steht so sehr unter dessen Eindruck, dass sich sein Journal hier
in ein Tagebuch verwandelt. Gleich nachdem er ins Hotel zurückgekehrt war, be-
schreibt er die ganze Vorstellung bis ins kleinste Detail. Es war alles sehr wunder-
bar. Schliemann war sogar ein Beteiligter in Houdins Show gewesen. Der Zauberer
wurde von seinem Sohn, bei dem die Augen verbunden waren, assistiert. Schlie-
mann hatte dem Zauberer seine Uhr gegeben und dieser hatte seinen Sohn gefragt,
wie spät es auf der Uhr war. Der Junge gab die richtige Antwort. Das war wunder-
bar, weil Schliemanns Uhr einige Minuten zu spät ging. Schliemann hatte keine
Ahnung, wie so etwas möglich war. Der Zauberer hatte ihn richtig verzaubert.
Unterwegs von Paris nach Brüssel überquerte Schliemann einen Platz, auf dem
ein halbes Jahr zuvor ein schrecklicher Bahnunfall passiert war. Die französischen
Zeitungen hatten damals von 14 Toten berichtet,
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die Zeitungen in St. Petersburg
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Ludwig 1932, 77. Ludwig irrte sich aber, als er seinen Lesern erzählte, dass dieses Hotel in Rouen
war.
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Siehe
L’Illustration, Journal Universel
No. 177, Vol. VII, Samstag 18. Juli 1846. « en contemplant
la chute énorme que quinze voitures ont faite, on doit rendre grâce au ciel, qu’il n’y ait eu que 14
morts, et à peu près autant de blessés. »




