151
ren und legte das jetzt leider verlorene Photo dem Brief bei. Die Gruppe machte
noch einen zweiten Ausflug in die Wüste, wo sie etwas außerhalb von Kairo die
Reste eines fossilen Waldes bewunderte. Selbstverständlich besuchte man auch
das Museum in Kairo, in dem Steffen vor allem die Mumien faszinierten; von der
Mumie Ramses’ II. erwarb er eine Photographie. Neben dem Kulturprogramm
war auch Zeit für Besuche im Bazar, anlässlich derer Andenken gekauft wurden.
Eine vielleicht auch noch geplante Weiterreise nach Oberägypten musste man
sich „aus Mangel an Zeit und Geld […] versagen“. Nicht ahnend, dass er nur noch
zwei Jahre zu leben hatte, plante er für die Zukunft eine Schiffsreise auf dem Nil,
um „fern von allem Lärm und Geräusch der Menschen auf dem majestätischen
Strome so wochenlang dahinzugleiten und die Wunder der ägyptischen Kunst an
sich vorüberziehen zu lassen“.
Von Ägypten ging es weiter nach Athen, wo Steffen und seine Begleitung am 3.
Jänner 1890 nach stürmischer Überfahrt eintrafen.
40
Gleich am nächsten Tag wa-
ren sie zu Gast bei Schliemann, der Ottilie Steffen eine Münze und eine Tanagra-
statuette aus seiner Sammlung, einen Apollo darstellend, verehrte. Diesen zwei
Geschenken fügte er einige Tage später eine „ganze Sendung von Alterthümern“
hinzu, bestehend aus kleinen Vasen und Statuetten aus Troia. Am Sonntag, dem
5. Jänner, besuchten sie nachmittags unter Führung Dörpfelds gemeinsam mit
dessen Frau Anne (1860–1915) und beider Töchter Else (1883–1917) und Agnes
(1886–1935) die Akropolis. Am 6. Jänner war die Gruppe zu Gast bei einem Ball,
der anlässlich von Schliemanns Geburtstag im „Iliou Melathron“ stattfand. Viel-
leicht am 7. Jänner – das Datum ist nicht ganz klar – war Steffen zur Audienz bei
König Georg I. von Griechenland (1845–1913). Am Mittwoch, dem 8. Jänner, be-
sichtigte man am Vormittag unter Schliemanns Führung dessen Funde aus Myke-
ne; am Abend fand im „Iliou Melathron“ zu Ehren Steffens und seiner Familie ein
Festessen statt, an dem Archäologen und Diplomaten teilnahmen, und während
dessen ihm Schliemann in einer Rede für seine Mitarbeit dankte.
41
Nach Tisch
wurde musiziert und gesungen, was Steffen, der u. a. auch Cello spielte, sehr
freute. Am 9. Jänner begaben sich Steffen und sein Schwager Richard Schricker
in die Argolis, um die neuen Ausgrabungen in Mykene und Tiryns zu besuchen.
Die Abreise aus Griechenland war für Samstag, den 11. Jänner vorgesehen. Man
plante, über Korfu, Neapel und Rom zurück nach Deutschland zu reisen.
Anfang Februar 1890 erschien das von George Niemann redaktionell bearbeitete
Protokoll der Konferenz in einer Auflage von 125 Stück bei Brockhaus in Leip-
40
Quellen für die Beschreibung von Steffens Aufenthalt in Athen bilden Briefe, die er und seine
Frau Ottilie an seine Familie in Deutschland geschickt haben, sowie ein Schreiben Schliemanns
an Steffen: Zavadil, Federkrieg, Ed. Nr. 170f., Ed. Nr. 175, Ed. Nr. 178.
41
S. auch E. Meyer, Heinrich Schliemann. Kaufmann und Forscher, Göttingen 1969, 359f.




