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sie nicht direkt, sondern legte ein allgemein gehaltenes Gesuch einem Brief an

Rudolf Virchow bei und bat diesen, es weiterzuleiten und bei dieser Gelegenheit

Steffen vorzuschlagen.

15

In dem Gesuch kündigte er für November 1889 oder

März 1890 eine Neuaufnahme der Arbeiten in Troia an und bat die Akademie,

einen Herrn mit Grabungserfahrung zu bestimmen, der den Ausgrabungen als

unparteiischer Zeuge beiwohnen solle. Ferner gab er bekannt, dass er dessen Rei-

sekosten mit 1000 Mark finanzieren und ihn in Troia unterbringen und verpfle-

gen werde.

16

Virchow übergab Schliemanns Ansuchen am 17. Oktober dem Sekretär der phy-

sikalisch-mathematischen Klasse, deren Mitglied er war. Gleichzeitig überreichte

er eine Empfehlung, in der er darauf hinwies, dass durch die Angriffe Boettichers

auch die Glaubwürdigkeit und Ehrlichkeit Wilhelm Dörpfelds, der seit 1887 Di-

rektor des Deutschen Archäologischen Instituts in Athen war, in Frage gestellt

würde, und es daher „wohl im allgemeinen Interesse liegt, eine unparteiische,

möglich sachverständige Überwachung der in Aussicht gestellten Untersuchung

zu sichern.“

17

Er empfahl Steffen als Delegierten und schlug vor, einen Antrag

an den Kultusminister Gustav von Goßler (1838–1902) zu richten, um Urlaub für

Steffen zu erbitten. Da Schliemanns Ansuchen die physikalisch-mathematische

Klasse aber nicht betraf, wurde sein Gesuch in ihrer Sitzung nicht behandelt,

sondern der nächsten Plenarsitzung am 24. Oktober vorgelegt, in welcher die An-

gelegenheit an die philosophisch-historische Klasse weitergeleitet wurde. Diese

beschloss ihrerseits, in die Angelegenheit nicht involviert werden zu wollen. Bei

der nächsten Gesamtsitzung am 7. November wurde dem Plenum mitgeteilt, dass

die philosophisch-historische Klasse „eine Beteiligung der Akademie an den […]

beabsichtigten weiteren Ausgrabungen in Hissarlik […] ablehnt, weil sie es für

unzulässig hält, daß die Akademie auf die Entscheidung eines wissenschaftlichen

Entwurfs amtlich irgend einen Einfluß ausübe.“

18

Nach langer Diskussion schloss

sich das Plenum der Entscheidung an, obwohl, wie Virchow am 8. November

Schliemann berichtete, „von allen Seiten ohne Ausnahme […] Bötticher verurteilt

und seine Lehre als gänzlich unhaltbar bezeichnet wurde.“

19

Allerdings erklär-

te man sich – vermutlich nach Vermittlung von Alexander Conze (1831–1914)

und/oder Ernst Curtius (1814–1896) – bereit, „die Mission des Major Steffen zu

unterstützen“

20

und Steffens Urlaubsansuchen beim Hessischen Feld-Artillerie-

15

Herrmann – Maaß, Korrespondenz, Nr. 546.

16

Herrmann – Maaß, Korrespondenz, Nr. 546 mit Anm. 1 = Meyer, Briefe, Nr. 208.

17

Herrmann – Maaß, Korrespondenz, Nr. 547 Anm. 1.

18

Herrmann – Maaß, Korrespondenz, Nr. 548 Anm. 1.

19

Herrmann – Maaß, Korrespondenz, Nr. 552.

20

Herrmann – Maaß, Korrespondenz, Nr. 552.