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zufügen, aber auf Französisch, wo er noch eine Zeile hinzufügen konnte, war es
möglich.
Es scheint mir wahrscheinlich dass diese Zeichnung der Ringe in Troia vor der
Entdeckung vom 31. Mai gemacht wurde. Es ist klar, dass Schliemann gerade im
März und April viele interessante Sachen gefunden hat, weil er am 17. April 5
Kisten, 3 Säcke und 22 Körbe nach Athen abgeschickt hat.
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Es war auch im März,
als zwei von Schliemanns Arbeitern drei kleine Schätze von Schmuck fanden und
herausschmuggelten. Dieser Schmuck, der sich heute in Istanbul befindet, hat gro-
ße Ähnlichkeit mit dem Schmuck aus dem „Schatz des Priamos“.
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1984 kam ich zu dem Ergebnis, dass Schliemanns „Schatz des Priamos“ kein gro-
ßer Einzelfund war, wie Schliemann sagt, sondern aus mehreren Funden zusam-
mengesetzt wurde.
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Ich zeigte, dass Sophia nicht dabei war, dass er das Entde-
ckungsdatum und die Fundstelle wechselte, und dass in den frühesten Berichten
nichts über den Schmuck stand.
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Ich vermutete, dass er während der Dauer sei-
ner Ausgrabungen die wertvollsten Funde vor dem türkischen Wächter versteckt
hat, um am Ende einen großen Schatz zusammenzusetzen. Lange konnte ich das
aber nicht beweisen. Endlich jedoch haben der frühere Direktor des Schliemann-
Museums, Dr. Bölke, und auch Schliemann selbst mir geholfen. 1997 hat Wilfried
Bölke fünf Briefe Schliemanns an Otto Keller publiziert. In seinem Brief vom 10.
Januar 1875 stellt Schliemann die schweren Verhältnisse in Troia dar:
„Sie und keiner Ihrer mich verdammenden Collegen hat eine Ahndung davon,
was es heißt bei dem furchtbaren, dem ewigen Nordsturm u dem fortwährenden
die Augen blendenden Staub den ganzen Tag über 150 widerspinstige Arbeiter zu
beaufsichtigen, bei der fortwährenden Aufsicht eines unbestechlichen türkischen
Wächters die Tausende von gefundenen Alterthümern bei Seite zu schaffen, im
Geheimen abzuzeichnen oder zu photographiren, in der Kladde zu beschreiben
…“
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Es ist also klar, dass Schliemann einige Sachen vor dem Wächter versteckt und
Lempessis sie im Geheimen zeichnen ließ. Diese Zeichnungen von natürlich kost-
baren Dingen schließen wahrscheinlich die oben genannten Zeichnungen der Rin-
ge und der goldenen Sauciere mit ein. Schliemann hatte ein gutes Motiv so zu
handeln: Wenn nämlich der Wächter Kostbarkeiten unter den Funden sah, dann
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Traill 1984, S.113-14 = Traill 1993, S. 151.
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Schliemann 1881, S. 485-88.
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Traill 1984, S. 111-14 = Traill 1993, S. 148-53.
27
Traill 1984, S. 103-10 = Traill 1993, S. 138-47.
28
Bölke 1997, S. 52.




