Background Image
Previous Page  63 / 84 Next Page
Information
Show Menu
Previous Page 63 / 84 Next Page
Page Background

Seite 63

Informationsblatt 29 April 2018

Die Funde aus dem Tollensetal und andere spektakuläre Funde

aus anderen Grabungen in Mecklenburg-Vorpommern öffnen

den Blick in eine Welt, die von der Ostsee bis an das Mittelmeer

vernetzt war (Abb. 3). Goldgeschmückte Männer und Frauen

mit kiloschwerer Bronzetracht treten auf, dazu eine Dame mit

Seidenschleier. Wie gelangten sie an diesen Reichtum, und wel-

che Rolle haben sie in der Gesellschaft gespielt (Abb. 4 und 5)?

Der Prunk- oder Kultwagen aus Peckatel, bei Schwerin, ist das

bekannteste archäologische Fundstück Mecklenburg-Vorpom-

merns. Er ist sichtbares Zeugnis des Wagenbaus. Eigentlich ist

der „Kultwagen“ eine Bronzetasse auf Rädern. Während die

Tasse aus dem Ostalpenraum stammt, ist das Fahrgestell wahr-

scheinlich eine einheimische Arbeit. Der Wagen gehörte zu ei-

ner außergewöhnlich reichen Grabausstattung. Zusammen mit

Schwert, Messer, Tüllenbeil, Pfeilspitze und Goldring sollte sie

den Toten im Jenseits als mächtigen Krieger erscheinen lassen.

Wie weit die Beziehungen der Menschen der Bronzezeit reich-

ten, belegt sehr deutlich der Fund eines vergrabenen Tongefä-

ßes, das 1991 bei Neustrelitz gefunden wurde. Es bewahrte den

Schmuck und die Statussymbole einer bedeutenden Frau. Viel-

leicht repräsentierte sie in ihrer prächtigen Tracht eine Gemein-

schaft oder einen Stamm.

Der einst golden wirkende Bronzeschmuck betrog das Auge ein

wenig. Er war aus glänzend polierter Bronze und von heimi-

schen Bronzegießern gefertigt, verfehlte aber nicht seine Wir-

kung. Die Glasperlen kamen aus dem Mittelmeerraum, viel-

leicht sogar aus Ägypten, in den Norden

Die Schlacht, die im Tollensetal stattfand und über deren Ur-

sachen, Gründe und Teilnehmer wir nichts wissen, ist ungefähr

zeitgleich mit der Schlacht von Kadesch, die sehr gut in his-

torischen Quellen dokumentiert ist, aber deren Schlachtfeld

bis heute nicht gefunden werden konnte. Im Gegensatz zu der

Schlacht im Tollensetal, wo ein großes Schlachtfeld und vie-

le spektakuläre Funde ausgegraben wurden, aber leider jede

Schriftlichkeit fehlt.

Mitglieder der Heinrich-Schliemann-Gesellschaft besuchten

das Museum in Groß Raden am 24. 10. 2017 und waren beein-

druckt von den Funden und der Präsentation in der Ausstellung.

Fasziniert standen wir vor dem menschlichen Schädel, der

deutlich sichtbar eine große Kopfverletzung aufwies oder vor

dem großen Oberschenkelknochen, in dem noch die Pfeilspit-

ze steckte, die den Menschen aus der Vorzeit sicherlich gro-

ße Schmerzen bereiteten und wohl auch zu ihrem Tod führten

(Abb. 6 und 7). Es wurden Skelette von unzähligen Menschen

und Pferden mit deutlichen Verletzungsspuren von Pfeil und

Bogen und Keulen gefunden. Nirgendwo in Europa ist etwas

Vergleichbares nachgewiesen. Die Varusschlacht (9 n. Chr.)

Beiträge und Berichte

Abb. 3 – Verbreitungsgebiet

Abb. 4 und 5 – Blick in die Ausstellung

Abb. 6 – Schädel mit Kopfverletzung Abb. 7 – Oberschenkelknochen mit

Pfeilspitze