Seite 22 Informationsblatt 27 März 2016
Bericht über Konferenz
Als Augustus Lane Fox geboren, erbte er von seinem Onkel
ein umfangreiches Vermögen und führte fortan den Namen
Pitt Rivers. Schon früh begann er mit dem Aufbau einer
umfangreichen Sammlung von Waffen, ethnologischen, an-
thropologischen und archäologischen Objekten. Er gründete
das Pitt-Rivers-Museum in Oxford und ein Privatmuseum in
Farnham (Dorset).
Als Autodidakt beschäftigte er sich mit Problemen der Eth-
nologie, Anthropologie und Archäologie. Seine Theorie von
der Evolution der kulturellen Gebrauchsgegenstände wird
aus heutiger Sicht nicht mehr vertreten. Pitt Rivers führte
zahlreiche Ausgrabungen in England durch, die in ihrer Me-
thodik und Dokumentation einem hohen Standard der dama-
ligen Zeit entsprachen. Er war erster Inspektor der britischen
Altertümer und widmete sich der Erhaltung und sachgemä-
ßen Ausgrabung dieser Kulturdenkmäler. Pitt Rivers war
Mitglied zahlreicher wissenschaftlicher Gesellschaften und
seine Arbeiten hatten großen Einfluss auf die Entwicklung
der britischen Feldarchäologie.
Die entscheidende Wende von der Schatzsuche zur wissen-
schaftlichen archäologischen Arbeitsweise und die Breite
seines Wirkens sichern ihm einen hervorragenden Platz in
der Geschichte der Archäologie des 19. Jh.
Sybille Galka (Sponholz-D):
Eduard Gerhard – Begründer
des Institutes für Klassische Ar-
chäologie an der Berliner Uni-
versität
Mit der Stiftung des „Archäologi-
schen Lehr- und Übungsappara-
tes“ im Jahr 1851 verfolgte der „1.
Archäolog am Königlichen Mu-
seum“ Eduard Gerhard das Ziel,
die Klassische Archäologie als ei-
genständiges Universitätsfach zu etablieren. In der Folgezeit
gelang es ihm, durch Spenden und Schenkungen von Privat-
personen, die Sammlung des Königlichen Museums und der
Akademie der Wissenschaften in Berlin ständig zu erweitern
und auszubauen. Eduard Gerhard legte somit den Grundstein
für einen der größten Lehrapparate eines Archäologischen
Institutes in Deutschland. 1941 erhielt das Institut den Na-
men „Winckelmann-Institut“.
In dem Beitrag wird das Leben dieses fleißigen Wissen-
schaftlers, des umsichtigen und zielstrebigen Organisators
und Begründers zahlreicher noch heute existierenden Orga-
nisationen und Corpora, wie das Deutsche Archäologische
Institut Rom und die Archäologische Gesellschaft Berlin,
aber auch der eigensinnige Mensch Eduard Gerhard darge-
stellt. Die Aussage des Kronprinzen und späteren Königs
Friedrich Wilhelm IV. am 31. Januar 1831: „Das Gedeihen
des Institutes (in Rom), zu welchem Sie mir auf dem Markt
zu Pozzuoli meinen Namen abquetschten, befriedigt mich
gar sehr.“, belegt dies sehr deutlich.
Dr. Stefanie Samida (Heidel-
berg-D):
William
Simpson
(1823–1899):
Kriegsberichter-
statter, Künstler und „Schmäh-
schreiber“
Der schottische Künstler William
Simpson (1823–1899) gehört zu
Heinrich Schliemanns „Schmäh-
schreibern“, also Personen, die auf
seine Deutungen der in Kleinasien
und Griechenland gemachten Entdeckungen weit weniger ent-
husiastisch reagierten als der Rest der Zeitgenossen oder gar
daran deutliche Kritik übten.
Der Beitrag zeichnet ein Bild des Kriegsberichterstatters und
Künstlers Simpson, der in der Schliemann-Forschung bis heu-
te nur beiläufig Aufmerksamkeit erfahren hat. Dazu wird zu-
nächst die Kurzbiographie Simpsons skizziert. Ihr folgt eine
ausführlichere Vorstellung des vom Krimkrieg berichtenden
Kriegskorrespondenten; daran schließen sich Ausführungen
zu seiner Zeit als Special Artist bei der damals berühmten,
wöchentlich erscheinenden Illustrated London News an. Ein
letzter Abschnitt beschäftigt sich schließlich mit seinen Arbei-
ten zu Schliemanns Entdeckungen und dem sich daraus erge-
benden Disput mit dem Troia-Ausgräber.
Die Beschäftigung mit Simpson zeigt, dass er ein sehr auf-
merksamer und kritischer Beobachter seiner Zeit war – un-
abhängig davon, ob er den Krimkrieg zu dokumentieren oder
über die Ausgrabungen in Mykene zu berichten hatte.
Constanze Graml (München-D):
Adolf Hermann Struck. Von der
Orientbahn ins Deutsche Archäo-
logische Institut
Der Name Adolf Hermann Struck
ist innerhalb der wissenschafts-
geschichtlichen Forschung zur
Klassischen Archäologie bisher
vollkommen unerwähnt geblieben.
Struck wuchs als Sohn des für das
osmanische Heer tätigen Arztes
Hermann Struck in den osmanisch regierten Städten Konstan-
tinopel und Saloniki auf. Nach seiner schulischen Ausbildung
in Berlin ergriff er zunächst eine Tätigkeit bei der Compagnie
de Chemins de Fer Orientaux als Ingenieur und Vermesser.
Schon während dieser Zeit führte er kleinere archäologische
Forschungsprojekte im Gebiet um Saloniki durch. Von 1905
bis zu seinem Tod war Struck am Kaiserlich Deutschen Ar-
chäologischen Institut (DAI) in Athen als Bibliothekar und
Wissenschaftler tätig. Dort setzte der archäologische Auto-
didakt Struck seine Kompetenzen der zeichnerischen Doku-
mentation und Vermessung in verschiedenen Themenfeldern
äußerst gewinnbringend ein. Vermutlich durch das neue Um-
feld angespornt, entwickelte sich der in seinen frühen Jahren
eher enthusiastische Entdecker zu einem analytischen Wissen-
schaftler.