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Informationsblatt 25 Dezember 2013
Beiträge und Berichte
hören zu finden. Denn die Führerin ist sehr kenntnisreich und
weiß viele Details und Hintergründe zu berichten. Die Höhe-
punkte dieses Besuchs? Natürlich die Piëta von Michelangelo,
leider hinter Glas. Dann die aus dem 13. Jh. stammende Bron-
zestatue des Petrus. Ist sie so eindrucksvoll, weil ein antikes
Vorbild Pate stand? Das Grabmal für Papst Alexander VII.,
das Bernini in seinen letzten Schaffensjahren plante, offenbart
seine Nähe zum Tod. Da die Todesstunde niemandem bekannt
sei, hat er den Kopf des Todes verhüllt. Mit Marmor, fließend
wie ein wertvoller Mantelstoff. Eine unglaubliche Idee. Dane-
ben die nackte Wahrheit, die später von einem Schüler Berni-
nis verhüllt werden musste. Als nackte Wahrheit passte sie
denn wohl doch nicht in die heiligste Kirche der Christen. Ein
Schelm, der das Bekleiden der Wahrheit symbolisch nimmt.
Der Weg in die Krypta des Petersdoms war an diesem Dienstag
frei. Das ist nicht immer der Fall, wie Brigitte berichtete, und
so konnten wir einen Blick auf das Grab des Petrus erhaschen.
Die Position und die Dekoration mit byzantinischen Mosaiken
zeigen die Herkunft der Gedenkstätte aus der Zeit der ersten
Basilika für den heiligen Petrus an dieser Stelle. Die Besich-
tigung war bewegender, als man mit protestantischem Hinter-
grund denken mag.
Die Kuppel haben wir (bis auf vier Mitglieder unserer Reise-
gruppe) dann nicht bestiegen, weil die Warteschlange so etwa 2
Stunden dauern sollte. Aber da gibt es ja noch dieVatikanischen
Museen. Nach der wohlverdienten Mittagspause ging jeder in-
dividuell in das Museum, das so unendlich viel zu bieten hat.
Leider sind die Aegytiaca nur sehr begrenzt ausgestellt. Aus
der Literatur weiß ich, dass es eine Menge bedeutender Statu-
en dort gibt. Aber auch die Laokoongruppe kann entschädigen
und selbst die „Herdenwanderung“ zur Sixtinischen Kapelle
kann die Freude an diesem großartigenWerk von Michelangelo
nicht schmälern. Doch vorher besuchten wir noch das Appar-
tement der Borgia. Auch hier sind die Gemälde und die Räume
beeindruckend. Mehr Zeit müsste man haben. Oder noch ein-
mal wiederkommen. Dann die Kapelle. Eine sehr unaufgeregte
Architektur – um nicht zu sagen: ein Rechteck aus Mauern –
proportional zur Grundfläche sehr hoch mit diesen grandiosen
Deckengemälden. Leider ist es auch hier so voll, dass man nur
wiederkommen und auf weniger Menschen hoffen kann. Wir
nehmen uns zum Schluss Zeit, auch die Ethnologische Samm-
lung zu betrachten. Erstaunlich, wie viele Geschenke so ein
Papst bekommt. Völker aller Weltreligionen haben dem Papst
Geschenkte gemacht, die hier nun ausgestellt werden.
Der Mittwoch steht ganz im Zeichen des Christentums, aber so
richtig kann man die Orte ja nicht von der Antike trennen. Wie
die meisten Kirchen in Rom präsentiert sich die Lateransbasi-
lika in barockem Gewand, obwohl sie auf eine konstantinische
Gründung zurück geht. Wir haben erfahren, dass fast alle Kir-
chen nach dem Zwischenspiel der Päpste in Avignon verfallen
waren und dann nach der Rückkehr der Päpste im 15. Jh. neu
errichtet wurden. Architektonisch stellen sich die Kirchen also
zwischen Renaissance und Barock dar, die Dekoration ist oft
barock, auch wenn manche Elemente, wie in San Clemente,
aus den früheren Zeiten der Kirchengeschichte herrühren, wie
Zimbon und Schranken in der Mitte des Kirchenschiffs von San
Clemente. In der Basilika San Giovanni in Laterano ist noch
der zentral stehende Hochaltar geblieben. Bemerkenswert in
letzterer die älteste Orgel der Stadt Rom und Mosaiken in der
Apsis, die nach spätbyzantinischem Vorbild gefertigt wurden.
Brigitte machte uns auf einen Seitenaltar aufmerksam, der ei-
nen Teil der Tischplatte beinhaltet, an dem das letzte Abend-
mahl eingenommen worden sein soll. Ein interessanter Aspekt,
wenn man bedenkt, dass im Orient ohne Tisch gegessen wurde.
Petersplatz
Der Tod mit verhülltem Gesicht und Stundenglas, rechts die – nicht mehr-
nackte Wahrheit.